IHK-Netzwerk Außenhandel und Zoll informierte zu Abkommen der EU
Im Welthandel ist zurzeit eine zunehmende Tendenz von Protektionismus festzustellen. „Weltweit werden heute zweieinhalbmal mehr protektionistische Maßnahmen ergriffen als im Jahr 2010“, erläuterte Dr. Achim Kampf in seinem Vortrag beim aktuellen Treffen des IHK-Netzwerks Außenhandel und Zoll. Der Bereichsleiter Zoll bei Germany Trade and Invest (GTAI) in Bonn führte weiter aus, dass es dabei nicht nur um Strafzölle wie aktuell zwischen den USA und China gehe, sondern dass auch die sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnisse wie Zertifizierungen ebenfalls zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Sowohl Freihandelsabkommen als auch Liberalisierungsrunden der Welthandelsorganisation (WTO) leisten aus Sicht des Zollexperten einen wesentlichen Anteil, um Handelshemmnisse abzubauen und den Welthandel offen zu gestalten. Die Bemühungen, dieses Ziel im Rahmen der WTO oder durch multilaterale Freihandelsabkommen zu erreichen, sind in den letzten Jahren ohne durchschlagenden Erfolg geblieben. Die letzte große Liberalisierungsrunde der WTO, die so genannte „Doha-Runde“, blieb 2001 ohne formalen Abschluss und Ergebnis. Hinzu kommt, dass Versuche, das WTO-Streitschlichtungssystem zu reformieren, bislang ohne Ergebnis geblieben sind. Umso wichtiger ist derzeit der Abschluss bilateraler Freihandelsabkommen.
„Die Europäische Union möchte auch weiterhin an offenen Märkten festhalten und sich gegen Abschottung und Protektionismus zur Wehr setzen“, erklärte Kampf. Die EU habe daher in den letzten Jahren die Gespräche über Freihandelsabkommen intensiviert. Nach dem Inkrafttreten des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens EU-Japan sind auch die Verhandlungen der EU mit Vietnam sowie dem südamerikanischen Staatenbund „Mercosur“ abgeschlossen. Im Kern sehen Freihandelsabkommen einen stufenweisen Abbau von Zöllen auf Ursprungswaren der jeweiligen Vertragspartei vor. Freihandelsabkommen haben sich im Lauf der Zeit weiterentwickelt und neben Zollregelungen weitere Rechtsgebiete aufgenommen, etwa Dienstleistungen, Investitionen und Wettbewerb oder den Arbeits- und Umweltschutz. Abkommen dieser „neuen Generation“ sind zum Beispiel die Verträge mit Kanada und Japan. Ziel der EU ist es, die Nutzungsrate der Freihandelsabkommen zu erhöhen – angesichts der teilweise sehr komplexen Ursprungsregeln, die von den Unternehmen zu beachten sind, ein ambitioniertes Ziel.
Die komplexen Regeln des EU-Japan-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (EU-Japan-EPA) erläuterte Adeline Wittek vom Hauptzollamt Osnabrück in ihrem praxisnahen Vortrag. EPA sieht im Gegensatz zu früheren Freihandelsabkommen keinen förmlichen Präferenznachweis wie z. B. die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vor. „Diese Selbstzertifizierung ohne Zutun des Zolls bringt eine hohe Verantwortung für die Unternehmen mit sich“, erklärte die Referentin. Eine fehlende Ursprungskodierung auf der Handelsrechnung führe automatisch zur Ablehnung der Zollpräferenz, mit der Folge, dass der Kunde in Japan einen höheren Zoll zahlen müsse.
Quelle: Pressemeldung Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim