Gesetzliche Pflegeversicherung für Selbstständige – das sollte man wissen
Existenzgründer müssen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit viel beachten. Die finanziellen Mittel sind knapp und das Kapital wird eher in das eigene Business investiert als in Vorsorgeinstrumente. Doch bei allen Planungen sollten die Fragen nach der Altersvorsorge und für den Pflegefall nicht zu kurz kommen. Denn die Lebenserwartung steigt und damit auch der Bedarf an Pflegeleistungen. Niemand weiß, ob er im Laufe seines Lebens einmal auf Pflege angewiesen ist. Während Arbeitnehmer über die Pflegeversicherung ihrer Krankenkasse abgesichert sind, müssen sich privat versicherte Selbstständige selbst um die Vorsorge für den Pflegefall kümmern.
Gesetzliche Pflegeversicherung für Selbstständige?
Vor noch nicht allzu langer Zeit ist in Deutschland die gesetzliche Pflegeversicherung ebenso wie die Krankenversicherung verpflichtend vorgeschrieben worden. Als hauptberuflicher Selbstständiger stehen Sie teilweise vor der Entscheidung eine gesetzliche oder eine private Krankenversicherung abzuschließen. Die Wahl der Versicherungsart hat auch Auswirkungen auf die Pflegeversicherung. Denn die gesetzliche Pflegeversicherung gilt nur, wenn Sie auch gesetzlich krankenversichert sind.
Mit der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sind Selbstständige gleichzeitig in der Pflegeversicherung abgesichert. Versicherte ohne Kinder zahlen für die Pflegeversicherung im Beitragsjahr 2020 3,3 Prozent des Einkommens und Versicherte mit Kindern einen reduzierten Beitrag in Höhe von 3,05 Prozent.
Einige Freiberufler haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich über die Künstlersozialkasse abzusichern. Für viele Künstler und Publizisten festgelegter Katalogberufe, beispielsweise Journalisten, Schriftsteller und Webdesigner, handelt es sich dabei um eine Pflichtversicherung. Über diese erhalten sie Zugang zur gesetzlichen Kranken- Pflege- und Rentenversicherung und werden finanziell entlastet. Die Künstlersozialkasse übernimmt den Arbeitgeberanteil, wodurch sie in Bezug auf die Beitragszahlung Arbeitnehmern gleichgestellt werden.
Private Pflegeversicherung für Selbstständige und Freiberufler
Die Beiträge zur privaten Pflegeversicherungen sind für Selbstständige und Freiberufler einkommensunabhängig. Die Beitragshöhe wird anhand des Alters und des Gesundheitszustandes berechnet, wobei der Versicherer sich an gesetzlich festgelegte Höchstbeiträge halten muss. Kinder können kostenfrei mitversichert werden, Ehepartner benötigen einen eigenen Versicherungsschutz.
Selbstständige haben die Wahl und können sich frei für eine Pflegeversicherung entscheiden. In vielen Fällen bietet es sich an, die Versicherung direkt beim jenem Versicherer abzuschließen, bei dem auch die private Krankenversicherung besteht. Das ist keine Pflicht, kann im Versicherungsfall jedoch Komplikationen vermeiden.
Pflege-Bahr als geförderte Pflegezusatzversicherung
Mit der gesetzlichen Pflegeversicherung lassen sich im Pflegefall nicht alle Kosten abdecken. Sie übernimmt in der Regel nur einen Teil, wodurch der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung erforderlich ist, um die Versorgungslücke ganz oder zumindest teilweise zu schließen. Um allen Bürgern den Zugang zur privaten Pflegezusatzversicherung zu ermöglichen, hat die Bundesregierung im Jahre 2013 Pflege-Bahr eingeführt. Versicherte erhalten darüber einen staatlichen Zuschuss zu den Beiträgen. Auch Selbstständige und Freiberufler können von dieser staatlichen geförderten Absicherung profitieren.
Grundsätzlich kann jeder, solange der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist, eine Pflege-Bahr geförderte Versicherung abschließen. Eine medizinische Voruntersuchung wird nicht durchgeführt und auch Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge, beispielsweise aufgrund von Vorerkrankungen existieren nicht. Die Beiträge werden anhand des Eintrittsalters und den vereinbarten Konditionen vom Versicherer festgelegt.
Pflege-Bahr wird als Pflege-Tagegeld- oder Pflege-Monatsgeld-Versicherung abgeschlossen. Das bedeutet, im Pflegefall erhält der Versicherte einen festen Betrag je Tag oder Monat ausbezahlt. Die Leistungen sind in der Regel niedrig und richten sich nach dem Pflegegrad. Erst bei Pflegegrad 5 wird der volle Erstattungssatz ausbezahlt. Mit den Leistungen der Pflegeversicherung in Kombination mit der Pflege-Zusatzversicherung lässt sich die Versorgungslücke in der Regel nicht vollständig schließen.
Die gesetzliche Pflegeversicherung im Pflegefall
Im Pflegefall haben Versicherte Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Jedoch reichen diese in der Regel nicht aus, um die tatsächlich anfallenden Kosten zu decken. Wie hoch die Leistungen sind, hängt insbesondere von der Art der Pflegebedürftigkeit und dem Pflegegrad ab. Zugleich gibt es Unterschiede bei häuslicher, teilstationärer und vollstationärer Pflege.
Insgesamt wird die Versicherung die Pflegebedürftigkeit in Abhängigkeit davon, wie viel Hilfe benötigt wird, in eine der insgesamt fünf Pflegegrade einteilen. Im Zuge der häuslichen Pflege beteiligt sich der Versicherer an den Kosten für den Pflegedienst oder zahlt Angehörigen das sogenannte Pflegegeld aus. Die Beiträge zur Pflegeversicherung müssen auch während des Leistungsbezugs weiterbezahlt werden.
Leistungen der gesetzliche Pflegeversicherung
Wer für die Dauer von mindestens sechs Monaten auf Hilfe im Alltag angewiesen ist, hat in der Regel einen Leistungsanspruch gegenüber dem Pflegeversicherer. Der Antrag wird in der Regel bei der Krankenkasse gestellt, welche diesen an die Pflegeversicherung weiterleitet.
Anschließend bestimmt ein Gutachter den benötigten Umfang der Pflege und legt einen Pflegegrad fest. Bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit ist nicht die Pflegeversicherung, sondern die Krankenversicherung zuständig.
Mit der Einteilung der Pflegebedürftigkeit durch den Gutachter hat der Versicherte Anspruch auf Leistungen. Bei Pflegegrad 1 steht dem Versicherten nur ein Teil der Leistungen zur Verfügung. In diesem Fall beteiligt sich der Versicherer nicht an Kosten für einen Pflegedienst, ein Pflegeheim, für Pflegegeld oder Sachleistungen.
Erst ab dem Pflegegrad 2 besteht diesbezüglich ein Leistungsanspruch, der sich mit jedem Pflegegrad erhöht. Unabhängig vom Pflegegrad haben Pflegebedürftige Anspruch aus Leistungen, zu denen beispielsweise eine individuelle Pflegeberatung zählt, die Kostenübernahme von Pflegehilfsmitteln, die Zahlung von Entlastungsbeträgen für die Pflege zu Hause und die Kostenbeteiligung an Maßnahmen, die der Verbesserung des Wohnumfeldes dienen. Dabei kann es sich beispielsweise um Zuschüsse für einen barrierefreien Umbau der Dusche handeln. Ebenso gefördert werden betreute Wohngruppen.