Stellungnahme der IHK Nord zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Stellungnahme der IHK Nord zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Als IHK Nord begrüßen wir, dass im Zuge der anstehenden EEG-Novelle wichtige Rahmenbedingungen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität 2050 geschaffen werden sollen. Richtigerweise wird in diesem Zusammenhang der Ausbau Erneuerbarer Energien forciert – im Jahr 2030 sollen regenerative Energiequellen 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs decken. Verbindliche Ausbaupfade mit neuen Ausschreibungsmengen für einen beschleunigten Ausbau werden dafür im „EEG 2021“ verankert.
Weitere Instrumente werden im „EEG 2021“ aufgeführt, die dafür sorgen sollen, dass das energiewirtschaftliche Dreieck von Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit eingehalten wird. Dazu zählt neben Maßnahmen zur Senkung der Förderkosten auch die angestrebte Deckelung der EEG-Umlage mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt. Dies und akzeptanzhaltende Maßnahmen durch Beteiligungsmodelle für Bürger und Kommunen sowie eine stärkere Marktintegration der Erneuerbaren Energien werden von der IHK Nord grundsätzlich befürwortet.
Als IHK Nord begrüßen wir, dass im Zuge der anstehenden EEG-Novelle wichtige Rahmenbedingungen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität 2050 geschaffen werden sollen. Richtigerweise wird in diesem Zusammenhang der Ausbau Erneuerbarer Energien forciert – im Jahr 2030 sollen regenerative Energiequellen 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs decken. Verbindliche Ausbaupfade mit neuen Ausschreibungsmengen für einen beschleunigten Ausbau werden dafür im „EEG 2021“ verankert.

STROMMARKTDESIGN REFOMIEREN

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde seit dem Jahr 2000 regelmäßig überarbeitet. Nach 20 Jahren ist nun ein gerechtes und effizientes System der Abgaben und Umlagen im Strom- und im gesamten Energiebereich auf den Weg zu bringen, um den erneuerbaren Energien Zutritt in die Marktwirtschaft zu gewähren. Die IHK Nord empfiehlt:
  • Eine marktwirtschaftliche Reform der staatlich induzierten Preisbestandteile im Strom- und im gesamten Energiesektor einzuleiten. Die wahren volkswirtschaftlichen Kosten müssen sich in allen Energieträgern wiederfinden. Die CO2-Bepreisung wird langfristig zu einer deutlichen Reduktion des CO2-Ausstoßes führen. Die Wettbewerbsfähigkeit ist hierbei zu berücksichtigen.
  • Geschäftsmodelle für die Sektorkopplung und den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen zu ermöglichen, wofür die Erfahrungen der SINTEG-Projekte wertvollen Input liefern können. Vor dem Hintergrund  der norddeutschen und der nationalen Wasserstoffstrategie ist es zeitnah erforderlich, die EEG-Umlage auf Strom aus Anlagen, die der direkten Speicherung dienen, auszusetzen.
  • Die Vergabe sog. Herkunftsnachweise an Anlagen, die einen Zuschlag in einer Ausschreibung erhalten haben. Wie die DIHK-Energiewende-Barometer zeigen, besteht eine große Nachfrage nach deutschem Grünstrom.
  • Eine regelmäßige Kontrolle der Höchstwerte in den Ausschreibungen, die an die Entwicklung der Stromgestehungskosten gebunden werden sollte. Dadurch werden Überförderungen vermieden.

EEG-UMLAGE WEITER SENKEN

Aus Sicht der norddeutschen Wirtschaft sollte die aktuelle EEG-Novelle dafür genutzt werden, die EEG-Umlage weiter als bisher von der Bundesregierung vorgesehen zu senken. Selbst wenn die Einnahmen aus dem neuen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) dazu genutzt würden, die EEG-Umlage auf zunächst 6,5 Cent und später 6,0 Cent pro Kilowattstunde zu deckeln, so reicht dies für eine deutliche Reduzierung der hohen Strompreise nicht aus.
Wir befürworten Ansätze, die EEG-Umlage sukzessive deutlich zu senken. Dies wäre ein mutiges Signal an die Stromverbraucher und geeignet, die Unterstützung für die Energiewende zu stärken.

PLANUNGS- UND GENEHMIGUNGSVERFAHREN BESCHLEUNIGEN

Wir empfehlen im Rahmen der EEG-Novelle entsprechende Planungs-  und Genehmigungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, Klageinstanzen zu verkürzen und die Akzeptanz in der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen. Dazu gehört eine Vereinfachung der gesetzlichen Regelungen im EEG. Erforderlich ist eine Entschlackung des derzeitigen Gesetzes; eine erneute Novelle mit 140 Seiten ist im Sinne der Vereinfachung und Entbürokratisierung wenig zielführend.

NACHFOLGEREGELUNGEN FÜR POST-EEG-ANLAGEN FINDEN

Zum Jahreswechsel 2020/2021 endet die Vergütungszeit für alle EEG-Anlagen, die im Jahr 2000 bzw. davor ans Netz gegangen sind. Es handelt sich vorwiegend um Windenergieanlagen – zudem sind einige tausend Photovoltaik-Anlagen betroffen. Diese sind mit Blick auf ihre installierte Leistung häufig klein bis sehr klein und befinden sich in der Regel auf Hausdächern. Mit dem Auslaufen der Förderung bleibt der gesetzliche Einspeisevorrang generell bestehen. Um funktionsfähige Anlagen weiterhin in der Erneuerbaren Energien-Bilanz halten zu können, bedarf es adäquater Nachnutzungskonzepte für die unterschiedlichen regenerativen Erzeugungsformen. Solche Anlagen bieten sich z. B. zur Erzeugung von Wasserstoff an, sofern die Rahmenbedingungen dies zulassen. Hier ist zu beachten, dass sich die Marktsituation mit sinkenden – und auf einem niedrigen Niveau verharrenden – Börsenstrompreisen aufgrund der Corona-Krise verschärft hat. Falls keine sinnvollen Nachfolgeregelungen gefunden werden, droht ein deutlich verlangsamter Anstieg der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten, was dem selbstgesteckten Ziel für 2030 widerspräche.

REPOWERING ERLEICHTERN

Die IHK Nord plädiert für Erleichterungen beim Repowering. So könnten z. B. die Anforderungen des Artenschutzes gelockert und auch die Möglichkeit des Repowerings von Anlagen < 2 MW geschaffen werden, wie es auch der Bundesrat empfiehlt. Allerdings verursacht Repowering mit kleinen Anlagen eine höhere Flächeninanspruchnahme und die Stromgestehungskosten der Anlagen sind höher. Repowering mit kleinen Anlagen sollte daher dann möglich sein, wenn keine größeren Anlagen gebaut werden können und der Betrieb bzw. der Bau größerer Anlagen in der Nähe nicht beeinträchtigt wird.

FINANZIELLES BETEILIGUNGSFORMAT VON KOMMUNEN UND BÜRGERN AM BETRIEB VON WINDENERGIEANLAGEN ÜBERARBEITEN

Die IHK Nord begrüßt das Vorhaben zur finanziellen Beteiligung von Kommunen und Bürgern am Betrieb von Windenergie an Land zur Akzeptanzförderung. Viele Anlagenbetreiber bieten jedoch bereits Anwohnern die finanzielle Beteiligung an Windparks auf freiwilliger Basis an. Eine gesetzliche Pflicht erscheint daher verzichtbar, zumal der Vorschlag keinen Anreiz setzt, Windparks in Zusammenarbeit mit Bürgern, lokalen Unternehmen und Kommunen zu betreiben. Falls es beim angedachten Beteiligungsmodell bleibt, gilt es seitens der  norddeutschen Wirtschaft Folgendes zu beachten:
  • Es sollte eine Zweckbindung der zusätzlichen Mittel für die profitierende Kommune erfolgen, z. B. durch Investitionen im Bereich Klimaschutz und/oder Unterstützung ortsansässiger Vereine, damit ein Zusammenhang zwischen der Windenergieanlage und einem sichtbaren Vorteil für Unternehmen und Bürger der Standortkommune besteht. Dazu sollte die Gewerbesteuer zu 100 Prozent dem Produktionsstandort zugutekommen.
  • Die Höhe der Zahlung (0,2 Cent/kWh) an die Standortkommune an der erzeugten kWh festzumachen, überzeugt nicht. Bei sinkenden Zuschlagspreisen im Rahmen der Auktion steigt der prozentuale Anteil der Zahlung deutlich an. So beträgt er bei einem Zuschlag von 4 Cent/kWh bereits 5 Prozent. Hier ist zu prüfen, ob eine prozentuale Zahlung, die sich an den vergüteten kWh bemisst, geeigneter ist.
  • Der Bürgerstromtarif erscheint aufwendig. Vielmehr sollte das Augenmerk auf die zukünftige Ausgestaltung der Bestandteile des Strompreises (EEG-Umlage, Stromsteuer, faire Netzentgelte) gelegt und der Bezug von Ökostrom belohnt werden. Die IHK Nord regt an, sog. Bürgerwindparks von der Zahlungspflicht zu befreien und bestehende Bürgerwindparks ggf. zu entlasten.

SÜDQUOTE FÜR WIND AN LAND UND BIOMASSEANLAGEN STREICHEN

Eine Beteiligung aller Regionen für den bundesweiten Ausbau Erneuerbarer Energien ist generell zu begrüßen und kann vorübergehend auch dazu dienen, Netzengpässe zu entschärfen. Damit mehr Windräder auch an weniger ertragreichen Standorten, vor allem im Süden Deutschlands, gebaut werden, soll es im „EEG 2021“ eine „Südquote“ von 15 Prozent bei den Ausschreibungen bis 2023 geben –  danach steigt sie auf 20 Prozent. Für Biomasseanlagen ist eine Südquote in Höhe von 50 Prozent vorgesehen. Jedoch ginge die Einführung dieses Steuerungselementes zu Lasten der Effizienz im Wettbewerb und sollte kein dauerhafter Ersatz für den verzögerten Netzausbau sein. Somit ist eine „Südquote“ nicht zielführend und nicht zu befürworten.

VERGÜTUNGSANPASSUNG BEI NEGATIVEN STROMPREISEN ÜBERDENKEN

In der Regel gehen niedrige bzw. negative Spotmarktpreise mit einer hohen Belastung der Netze durch Stromlieferungen von Nord- nach Süddeutschland sowie ins europäische Ausland und entsprechenden Netzengpässen einher. Die Sechsstundenregel im § 51 soll verschärft werden, sodass zukünftig ab mindestens 15 aufeinanderfolgenden Minuten die Vergütung ausgesetzt wird. Es sollte bedacht werden, dass die Verringerung des Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen die Finanzierung von Windparkprojekten von Jahr zu Jahr erschweren würde, da auch die Stunden negativer Börsenstrompreise weiter zunehmen wird.
Es drohen enorme Unsicherheiten für den Markt – auch für kreditgebende Banken wird es immer komplexer, die nötigen Abschätzungen zu treffen, sodass der notwendige Ausbau der Windkraftleistung weiter behindert wird. Negative Spotmarktpreise kommen u. a. zustande, wenn viel erneuerbarer Strom im Netz ist bzw. der Verbrauch entsprechend niedrig ist. Statt die erneuerbaren Energien in ihrer Wirtschaftlichkeit negativ zu beeinflussen, sollte vielmehr ein Augenmerk darauf gelegt werden, dass konventionelle Kraftwerksleistung bei negativen Preisen nicht flexibel abgeschaltet werden kann und weiterhin am Netz bleibt. Dem Einspeisevorrang der erneuerbaren Energien wird nicht Rechnung getragen. Es sollten Anreize für Flexibilitätsoptionen gegeben und Geschäftsmodelle für die Sektorkopplung geschaffen werden, um Netzengpässe zu vermeiden.

RECHTSSICHERHEIT BEI DER ABGRENZUNG VON DRITTSTROMMENGEN ERHÖHEN

In den vergangenen Jahren haben sich die bürokratischen Abgrenzungs- und Meldepflichten von sog. Drittstrommengen auf Firmengeländen massiv erhöht und aufgrund der rechtlichen Unklarheiten auch die Rechtsunsicherheit. Diese Strommengen müssen abgegrenzt werden, wenn ein Unternehmen in den Anwendungsbereich der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) fällt oder selbst Strom erzeugt und verbraucht (Eigenversorgung). Die IHK Nord empfiehlt daher:
  • Eine Abschaffung der sog. Personenidentität bei der Eigenversorgung. Damit wäre die Abgrenzung dieser Strommengen in diesen Fällen überflüssig.
  • Die Verlängerung der bestehenden Schätzmöglichkeiten über 2020 hinaus, um den Unternehmen mehr Flexibilität zu geben sowie den Kauf und die Installation zehntausender Zähler in der Corona-Krise zu vermeiden.
  • Die Klarstellung, dass Fehler in der Vergangenheit bei der Abgrenzung und/oder Meldung nicht zu Nachzahlungen führen. Dies schafft erheblichen Rechtsfrieden.

SCHUTZ IM INTERNATIONALEN WETTBEWERB – SCHWELLENWERTE SENKEN

Die EEG-Umlage sinkt in den kommenden Jahren sukzessive, da auch Mittel aus dem Staatshaushalt zur Finanzierung bereitgestellt werden. Doch das kann dazu führen, dass Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der BesAR herausfallen und folglich höhere Strompreise bezahlen müssen. Dies stellt eine erhebliche Bedrohung, vor allem in Hinblick auf den internationalen Wettbewerb dar. Die IHK Nord empfiehlt:
  • Eine deutliche Absenkung sämtlicher Schwellenwerte bei Unternehmen der „Liste 1“ des EEG.
  • Eine Absenkung der Schwelle für die sog. Härtefallregelung bei Unternehmen der „Liste 2“. Dort sind die beihilferechtlichen Spielräume enger, dennoch sollte dieser Weg durchsetzbar sein

Quelle Pressemeldung von  IHK Nord