Zweiten Lockdown verhindern

Zweiten Lockdown verhindern

Zweiten Lockdown verhindern

Die Geschäftslage der niedersächsischen Wirtschaft hat sich im dritten Quartal sichtbar verbessert, bleibt aufgrund steigender Infektionszahlen und eines drohenden zweiten Lockdown aber angespannt. Die Erwartungen der Unternehmen zeigen deutlich, dass die Krise bei weitem noch nicht ausgestanden ist. „Wir haben die paradoxe Situation, dass knapp drei Viertel der Unternehmen mit ihrer Geschäftslage zufrieden sind, aber gleichzeitig zahlreiche Unternehmen nach wie vor in ihrer Existenz gefährdet sind. Exportorientierte Industriebetriebe und Großhändler, Reisen und Tourismus, Messen und die Kulturwirtschaft sind besonders betroffen“, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen. Die bessere Geschäftsentwicklung lässt den IHK-Konjunkturklimaindikator für das dritte Quartal 2020 um 13 auf 89 Punkte (Vorquartal: 76 Pkt.) steigen. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern mit 2.000 Unternehmensantworten.

Die Wirtschaftslage in Niedersachsen bleibt stark branchenabhängig. Während die Reise- und Messewirtschaft unter anhaltenden Beschränkungen leiden, ist in den meisten Branchen eine Belebung der Nachfrage aus dem In- und Ausland festzustellen. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: Die aktuelle Geschäftslage wird von 22 Prozent (Vorquartal: 19 %; Vorjahr: 28 %) der Unternehmen als gut beurteilt, 50 Prozent (Vq. 42; Vj. 59 %) sind zufrieden und 28 Prozent (Vq. 38 %; Vj. 14 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Die Erwartungen an die kommenden Monate spiegeln die Skepsis in einigen Branchen wider: 16 Prozent der Unternehmen (Vq. 15 %; Vj. 12 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 51 Prozent (Vq. 42 %; Vj. 55 %) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 33 Prozent (Vq. 43 %; Vj. 33 %) rechnen mit einer negativen Entwicklung. Kurz gesagt: Es mangelt an Optimismus.

Über alle Branchen rechnen neun Prozent der Unternehmen im laufenden Jahr mit einem Umsatzrückgang von mehr als 25 Prozent, weitere 22 Prozent mit einem Rückgang von 10 bis 25 Prozent. Neun Prozent der Unternehmen können die Veränderung noch nicht abschätzen. Jedes vierte Unternehmen arbeitet wieder normal, mit einer Rückkehr zur „Normalität“ in 2021 rechnen 34 Prozent der Unternehmen, 16 Prozent erwarten dies sogar erst nach 2021. Die bestehende Unsicherheit führt dazu, dass 18 Prozent (Vq. 28 %) der Unternehmen noch keine Einschätzung geben können, wann und ob ihre Geschäfte sich wieder „normalisieren“. Entsprechend gering ist aktuell die Investitionsneigung der Unternehmen, auch neue Beschäftigung ist nicht in Sicht.

Die Industrie hat ein Aufholquartal hinter sich, die Geschäfte haben sich bei zwei Drittel der Betriebe weitgehend „normalisiert“. Die Auftragseingänge sind fast wieder beim alten Niveau angekommen, das Auslandsgeschäft zeigt sich aufgrund der weltweiten Pandemie aber noch zurückhaltend. Der Auftragsbestand wird allerdings krisentypisch noch bei fast jedem zweiten Unternehmen als zu klein beurteilt. Zudem wird der bevorstehende Brexit wahrscheinlich zu weiteren Handelsbeschränkungen mit einem der bisher größten Exportmärkte Niedersachsens führen. Gleichwohl zeichnen sich für einige exportabhängige Industriebranchen wie Chemie, Automotive und Elektrotechnik steigende Umsätze ab. Schwieriger sieht die Situation dagegen bei den Herstellern von Metallerzeugnissen und dem Maschinenbau aus, wobei letzterer allein schon aufgrund der Reisebeschränkungen für Verkäufer, Montage und Servicepersonal Einbußen zu verzeichnen hat.

Der Boom der letzten Jahre in der Bauwirtschaft neigt sich langsam dem Ende zu. Die Auf­tragseingänge steigen nicht mehr weiter, da insbesondere im Gewerbebau die Bauinvestitionen zurückgefahren werden. Noch sitzt die Baubranche aber auf gut gefüllten Auftragsbüchern, auch der konstante Wohnungsbau stabilisiert.

Der Einzelhandel hat sich nach dem Tief im Frühjahr im dritten Quartal deutlich erholt, befürchtet nun aber einen zweiten Lockdown. Die Konsumneigung der Verbraucher hat sich normalisiert, allerdings nicht in allen Handelsbereichen. Während Lebensmittel und Möbel besonders gefragt sind, ist die Geschäftsentwicklung bei den typischen Innenstadtsortimenten wie Bekleidung, Schuhen und Lederwaren anhaltend katastrophal. Den stationären Bekleidungsgeschäften fehlt rund ein Drittel des Vorjahresumsatzes. Der Onlinehandel läuft dagegen seit dem Frühjahr mit besonderer Dynamik. Allein die eher am Stadtrand angesiedelten Baumärkte und Möbelhäuser sind mit ihrem stationären Geschäft zufrieden. Die aktuelle Schließung von Kaufhäusern zeigt den Strukturwandel im Handel sehr deutlich. Der Großhandel hat das Corona-Tief zwar mehrheitlich überwunden, die weitere (Umsatz-) Entwicklung im Saldo aber skeptisch betrachtet.

Mit dem Wiederhochfahren von Industrie und Handel war im dritten Quartal eine Belebung des Verkehrsgewerbes verbunden. Trotzdem sind die Unternehmen des Güterverkehrs mit dem Beförderungsvolumen nicht zufrieden. Die Personenbeförderung in Bussen und Taxen bleibt mangels Nachfrage unwirtschaftlich. Die Geschäftsentwicklung im Transportgewerbe bleibt damit kritisch.
Die Geschäftslage der Banken hat sich deutlich stabilisiert. Das Kreditgeschäft mit Firmen- und Privatkunden war im dritten Quartal unverändert expansiv. Die Geschäftserwartungen sind auf­grund der drohenden Kreditausfälle aber rückläufig. Die Versicherungen berichten weiter von einem schwachen Neugeschäft. Gleichzeitig rechnen sie künftig wieder mit neuen Kunden und höheren Beitragseinnahmen.

Bei den Dienstleistungsunternehmen sind die Geschäftsverläufe zwischen den Branchen sehr unterschiedlich. Während die Bereiche Immobilien, Berater, Werbung, Ingenieurbüros und überwiegend auch Medien/IT von einer zufriedenstellenden Entwicklung berichten, haben Zeit­arbeitsunternehmen und Veranstalter kaum Umsätze, geschweige denn Erträge.

Ausblick

Derzeit sind der weitere Verlauf der Pandemie und die daraus resultierenden Maßnahmen nicht abschätzbar. Daher verbieten sich Prognosen zum Wachstum. „Wir müssen jetzt unbedingt einen zweiten Lockdown verhindern, um großen Schaden von unserer Wirtschaft und damit vom Wohlstand abzuwenden. Wenn es erforderlich wird, müssen differenzierte, passgenaue Maßnahmen statt pauschaler Schließungen erfolgen“, so Maike Bielfeldt. „Viele Unternehmen brauchen noch Maßnahmen für die Liquiditätssicherung. Jedes an sich gesunde Unternehmen, das wir jetzt stützen, hilft uns im Aufschwung. Die Erholung von der Krise wird jedenfalls noch länger dauern“, so die Einschätzung der IHKN-Chefin.
IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen

Quelle Pressemeldung von  IHKN Niedersachsen