Thomas, Jahrgang 1967 und im Westen ausgebildet

Frauen in Chefpositionen und Vorständen sind noch immer zu selten

Thomas, Jahrgang 1967 und im Westen ausgebildet

Das sind einige Attribute, die auf das durchschnittliche Vorstandsmitglied in Deutschland passen. Frauen sind selten unter den Vorständen. Nur zehn Prozent aller Posten sind weiblich besetzt. Die dreißig Dax-Unternehmen leisten sich den Luxus, gar keine Frau im Vorstand zu haben. Der Vorstandvorsitz der 160 börsennotierten Unternehmen ist zu 96,9 Prozent in Männerhand.

 

Viel Potenzial verschenkt

Dies ergab eine Untersuchung der Allbright Stiftung. Dabei stellte sich heraus, wer eine ostdeutsche Ausbildung hat oder weiblich ist, hat kaum eine Chance auf der Karriereleiter. Wer glaubt, dass es Zeit braucht, bis sich die Struktur von Vorständen ändert, hat sicher recht. Allerdings lässt sich damit nicht erklären, dass die Neubesetzung von Vorstandsposten im Jahr 2020 nach der gleichen Arithmetik erfolgt wie bisher. Neue Posten werden nur zu 18 Prozent an Frauen vergeben, Absolventen einer ostdeutschen Hochschule waren gar nicht unter den Auserwählten. Dass Frauen selten in den Vorstandsetagen vertreten sind, liegt nicht an der Qualifikation, denn über 50 Prozent aller Hochschulabsolventen sind weiblich.

Dieses Ungleichgewicht gilt nicht nur in Deutschland. Auch in Schweden sind trotz besonderer staatlicher Förderung Frauen unterrepräsentiert. Dass das Problem in der Politik nicht ernst genommen wird, zeigen vier börsennotierten Unternehmen, an denen die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist. Nur die Deutsche Telekom hat mit 22 Prozent einen nennenswerten Frauenanteil im Vorstand. Commerzbank und Deutsche Post beschäftigen eine, die Deutsche Pfandbriefbank keine Frau in ihrer Chefetage.

Dass sich daran auch in der Zukunft nichts ändern wird, beweist eine Umfrage unter den 160 Börsen-Unternehmen. 53 von ihnen planen auch in Zukunft nicht mit weiblichen Vorständen. Die Begründungen sind häufig an Überheblichkeit kaum zu überbieten. Während ein Unternehmen der New Economy, Rocket Internet, mit diesem Ziel den „aktuellen Zustand“ wahren möchte, sehen andere düster in die Zukunft. Die Krones AG findet nach eigenen Angaben keine geeigneten Kandidatinnen. Der Aufsichtsrat glaubt, dass sich an diesem Zustand in den kommenden Jahren nichts ändert.

 

Familie und Netzwerk

Was Frauen häufig fehlt, sind Netzwerke, die Männer über Jahrzehnte aufgebaut haben. Dazu kommen Traditionen, in deren Folge Frauen häufig eine Ausbildung in eher schlecht bezahlten Dienstleistungsberufen genießen. Förderprogramme, die für ein Studium in eher männerdominierten Naturwissenschaften und Technik animieren, zeigen bisher nur bedingt Wirkung. So ist auch die Zahl der Gründerinnen weiterhin relativ gering. Ein wichtiger Aspekt, Frauen bessere Chancen zu ermöglichen, ist die gezielte Förderung. Dazu gehört die Familienförderung, denn allzu oft sehen sich Frau im Konflikt zwischen der Entwicklung der Karriere und der Familienplanung.

Dies zeigt eine Studie der Online-Arztpraxis Zava, in deren Rahmen in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Splendid Research 1.004 Frauen befragt wurden. Die Umfrage vom August 2020 beschäftigte sich mit der Frage, welche Gründe einen Kinderwunsch zum gegenwärtigen Zeitpunkt verhindern. Dabei stellte sich heraus, dass für viele Frauen die Vereinbarkeit von Kindern und der eigenen Selbstverwirklichung nicht gegeben ist. 28 Prozent der Frauen zwischen 18 und 50 Jahren gaben dies als Grund für eine Verschiebung des Kinderwunsches an.

Dass der Anteil mit 40 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen besonders hoch ist, wundert nicht sonderlich. Dass jede fünfte Frau zwischen 30 und 39 Jahren ebenso denkt, sollte nachdenklich machen. Die Fruchtbarkeit einer Frau nimmt ab einem Alter von 35 Jahren deutlich ab. Die bis 29-Jährigen sehen zusätzlich in der Karriereentwicklung die Priorität vor der ersten Schwangerschaft. 42 Prozent der jungen Frauen denken so. Ab 30 Jahre nimmt die Priorisierung der Karriere rapide ab.