Als Gründer scheitern und wieder aufzustehen – keine Schande, sondern Größe

Als Gründer scheitern und wieder aufzustehen - keine Schande, sondern Größe

Als Gründer scheitern und wieder aufzustehen – keine Schande, sondern Größe

Im Artikel geht es um das Scheitern einer Unternehmensgründung – nicht um die Gründe; die erkennen Sie selbst am besten, wenn Sie nach einer erholsamen Pause wieder ins Rennen um eine bessere Zukunft starten. Weil Sie das dringend tun sollen, geht es einzig und allein darum, wie sehr Fehler und Scheitern die Erfolgschance Ihres nächsten Unternehmens erhöhen:

Scheitern verboten? Wir sehen gerade, was das bringt!

Die Corona-Pandemie hat in allen Ecken unserer Gesellschaft Zustände aufgezeigt, die vernünftigen Menschen die Haare zu Berge stehen lassen: Informationsübermittlung mit 20 Jahre veralteter Technik, an Sklaverei erinnernde Ausbeutung in diversen „systemrelevanten“ Geschäftszweigen, die dann auch entsprechende Leistungen hervorbringen.

Auch wenn Deutschland im Weltvergleich nach Bruttoinlandsprodukt immer noch weit vorne liegt: In allen Indices, die ein freies, gutes Leben der Bürger bewerten (das erfolgreiche Unternehmensgründungen fördert) steigt unsere Gesellschaft seit Jahren ab: Im Happy Planet Index (erweitert den BPI um ökologische Kennzahlen und Zahlen zur Effizienz, mit der sich ein Land um höhere Lebenserwartung und Lebenszufriedenheit seiner Bürger bemüht) erreicht Deutschland einen schlechten Platz 49. Im Good Country Index (Indikator für die Zukunfts-Fitness) ist Deutschland von 2017 bis 2020 in drei entscheidenden Bereichen abgestiegen: In Frieden und Sicherheit von Platz 37 auf 38, in Wissenschaft und Technologie von Platz 21 auf 22, in Wohlstand und Gleichheit von Platz 14 auf 19. Apropos Wohlstand und Gleichheit: Im Gini-Index, der die Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung misst, hat sich Deutschland in Sachen „Ungleichheit der Vermögensverteilung“ seit dem Jahr 2000 von einem schlechten Platz 40 bis 2019 auf Platz 153 vorgearbeitet – so ziemlich ans Ende der Welt.

Damit haben sich auch die Voraussetzungen für Unternehmensgründungen verschlechtert, und dieser Abwärtstrend hat viel mit unserem falschen, rückständigen und ineffizienten Umgang mit „Fehlern“ und „Scheitern“ zu tun: Diverse Pädagogen, Betriebswissenschaftler und Wirtschaftssoziologen forschen seit den 1970er-Jahren zum Thema Fehlerkultur, um Modelle zu einem besseren Umgang mit Fehlern in Schulen, Non-Profit-Organisationen und Unternehmen zu entwickeln. Interdisziplinär wurde die Forschung um Fehler, Scheitern, Versagen jedoch erst durch die Atomreaktorunfälle von Tschernobyl und Three Mile Island (Harrisburg, Pennsylvania).

Nun erst begannen Ingenieurwissenschaftler, Betriebswissenschaftler und Menschenwissenschaftler (Sozialwissenschaftler, Neurologen, Psychologen) gemeinsam die Bedingungen zu erkunden, die Fehler von Maschinen und Menschen in bedrohlichem Ausmaß kumulieren lassen. Dabei stellte sich (nicht ganz überraschend) heraus, dass Fehler bei Mensch und Maschine unvermeidbar sind und dass sich schlimme Auswirkungen von Fehler am besten vermeiden lassen, wenn Menschen und Maschinen in angemessener Umgebung mit ausreichender Wartung arbeiten.

Seitdem hat die Forschung zur Fehler-Vorbeugung die menschlichen Fehler etwas genauer unter die Lupe genommen – und ihr Verhältnis zum Fehler grundlegend gewandelt. Vor allem die (Psycho-) Neurologie hat in den letzten Jahrzehnten entscheidende Fortschritte gemacht und liefert heute harte Fakten, die überkommene idealtypische Vorstellungen ad absurdum führen, unsere Gesellschaft ändern können und vor allem in Hinblick auf die Betrachtung von Fehlern und Scheitern auch dringend ändern sollten:

Von Fehler-Kultur zu Lern-Kultur: Wege in eine rosige Zukunft

Wer handelt, macht Fehler; vor allem wenn er etwas Neues erproben will und nicht einfach stumpf etabliertes Vorgehen nachahmt (z. B. weil dieses Vorgehen ökologisch, sozial, energetisch etc. höchst fragwürdige Ergebnisse produziert).

Denn unser Gehirn lernt aus nichts anderem gründlicher und nachhaltiger als aus Fehlern: Nur wer Fehler machen darf, lernt aus diesen Fehler wirklich nachhaltig (nur Erfahrungen werden bleibend im Gehirn verankert, schlichtes Nachmachen vorgegebener Methoden verblasst ähnlich schnell wie Vokabeln). Mit dem Lernen durch Versuch und Irrtum steigt auch die Elastizität unseres Gehirns und damit die Fähigkeit, neue Lösungen zu erdenken; mit jedem Scheitern wächst auch die Resilienz.

„Führende Neurologen fordern, dass unsere gesamte Gesellschaft ihr falsches Verhältnis zum Scheitern endlich korrigiert, weil wir nur so eine Chance haben, unsere Zukunft (schnell genug) lebenswert zu gestalten“

Bei der Gründung eines Unternehmens können Fehler zum Scheitern führen – wobei zu hinterfragen wäre, wie oft „überholte Experten“ zu einem üblichen, längst nicht mehr zeitgemäßen Vorgehen raten und so die eigentlichen Ursachen des Scheiterns setzen. Wer gescheitert ist, wird von einem Teil der Gesellschaft als Versager angesehen – aber nicht mehr von dem Teil der Gesellschaft, der sich für die menschenwürdige Zukunftsfähigkeit unseres Landes engagiert. Dazu hat die Corona-Pandemie zu viel Versagen „alter Eliten“ offengelegt; dazu sind durch ungleich/ineffizient verteilte Unterstützung der Regierung zu viele hochkreative Menschen ihrer Existenz beraubt worden.

Eine Gesellschaft, die Fehler als Versagen ansieht, beraubt sich der Möglichkeit, echte Fortschritte zu machen. Schon Albert Einstein wusste, dass man Probleme bestimmt nicht mit den Methoden lösen kann, mit denen sie erschaffen wurden. Die oben genannten Beispiele (es sind längst nicht alle Beispiele, die mangelnde Fehlerkultur in Rechtswesen und Medizin wurde z. B. noch gar nicht angesprochen) zeigen, dass unsere Gesellschaft gerade erst in den zukunftsorientierten Umgang mit Fehlern einsteigt …

Aber wir werden besser, Henry Ford („Fehlschläge bringen oft mehr Erfolg als „schnelle Erfolge“; „Such nach Lösungen, statt an Fehler zu denken“) wird bereits öfter zitiert als Pflicht- und Mühsal-Mahner, deren Direktiven gute Ideen gewöhnlich bereits im Keim ersticken.

Scheitern: Leben und Überleben

Wer in der aktuellen Situation Deutschlands (und der Welt, wir zählen immer noch in vielen Bereichen zu den „Vorbildern“) wieder aufsteht, um ein neues Unternehmen zu gründen, zeigt keine Schwäche, sondern Größe. Wenn dieses Unternehmen nachhaltige, zukunftsfähige Entwicklungen einleiten soll, wird es wieder schwierig werden, weil Sie viele Menschen überzeugen müssen, die Angst vor Veränderungen haben.

Aber Sie zeigen wahre Größe, die vielleicht in die Geschichte eingehen wird – und Sie finden heute bereits in jeder Ecke Deutschlands zukunftsinteressierte Mutmacher, die Ihnen nach schlichter Ansprache gerne den Rücken stärken.

Es ist gut, wenn Sie Rücklagen aufbauen konnten, um eine Durststrecke überleben können. Es ist gut, wenn Sie zur Absicherung einen systemrelevanten Beruf erlernt haben oder jetzt erst erlernen. Auch, wenn in diesen Bedingungen herrschen, unter denen Sie nicht ewig arbeiten wollen – denn dann wollen andere das auch nicht. Sie verschaffen diesen Menschen Luft zur Umorientierung; oder auch zum Kampf für menschenwürdigere Verhältnisse, wenn das Herz des Anderen an diesem Beruf hängt.

Es ist aber auch völlig ok, wenn Sie eine Zeit lang Hilfe annehmen müssen, von Verwandten oder auch vom Staat: Unsere Gesellschaft und Wirtschaft braucht Unternehmer; unsere Solidargemeinschaft hat es versäumt, für die Gründungsphase hinreichende Absicherungssysteme zu entwickeln. Wichtig ist vor allem, dass Sie sich die Zeit nehmen, die Ursachen des Scheiterns zu analysieren und die Gelassenheit entwickeln, fremde und eigene Anteile nüchtern zu bewerten.

Und dann weiter, auf ein Neues, mit dem korrigierten alten Traum oder einem neuen. Wenn Sie aus Fehlern lernen durften, stehen die Chancen gut, dass Sie unserer Gesellschaft ein wertvolles Unternehmen schenken: Wenn sich der Wille, Fehler als Chancen zum Lernen zu betrachten, ganz oben in der Führungsebene manifestiert, wirkt das nachweisbar rundum positiv auf die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens.