50 Jahre Universität Bremen: Ein Gewinn für das Land
Mit einem Senatsempfang im Rathaus wurde die Gründung der Universität Bremen vor 50 Jahren gefeiert. Bei dem Festakt sprachen Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, Bürgerschafts-Vizepräsidentin Sülmez Dogan und Uni-Rektor Prof. Dr. Bernd Scholz-Reiter. Die EU-Kommissarin für Forschung, Innovation, Bildung, Kultur und Jugend, Mariya Gabriel, wurde per Videobotschaft zugeschaltet.
In seiner Rede zeigte Bovenschulte sich erstaunt darüber, dass nicht schon viel eher eine Universität in Bremen gegründet wurde: „Manchmal frage ich mich, warum diese traditionsreiche Stadt nicht schon im 18. oder im 19. Jahrhundert eine Universität gegründet hat. Die Kaufmannschaft hielt davon nichts, das ist bekannt, die wollten keine Unruhe, keine aufrührerischen Gesellen in Bremen. Aber das war ein schweres historisches Versäumnis.“ Im Anschluss daran wurde die Ausstellung „Warum? Darum.“ in der Unteren Rathaushalle eröffnet.
Außerdem gab es eine Podiumsdiskussion, an der Wissenschafts-Senatorin Dr. Claudia Schilling teilnahm. Die Stärken der Uni fasste sie dabei in einem Satz kompakt zusammen: „Unsere Uni steht für Internationalisierung von Lehre und Forschung, für Gleichstellung der Geschlechter, für klima- und umweltgerechtes Forschen und Handeln.“ Rektor Scholz-Reiter verdeutlichte, was 50 Jahre Universität Bremen unter anderem auch bedeuten: Aus der Neugründung mit 459 Studierenden wurde eine forschungsstarke europäische Hochschule mit mehr als 19.000 Studierenden. „Mit dem 140 Meter hohen Fallturm als Wahrzeichen, der nicht mehr aus der Bremer Stadtsilhouette wegzudenken ist.“
Bürgermeister Bovenschulte: Bremen ohne Uni nicht mehr vorstellbar
Bürgermeister Bovenschulte erinnerte daran, dass die Uni Bremen in politisch äußerst turbulenten Zeiten gegründet wurde: „In der langsam ausklingenden Studentenrevolte, in einer allgemeinen gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung und im kritischen Aufbegehren der Jungen gegen die Alten konnte der Start einer neuen Uni nicht anders als turbulent sein.“ Das stand dem wissenschaftlichen Aufstieg und Erfolg der einst von vielen als „rote Kaderschmiede“ geschmähten Universität nicht entgegen. Nur 15 Jahre nach ihrer Gründung wurde sie bereits von der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgenommen, hob Bovenschulte hervor: „In den Jahren danach siedelten sich Institute aller namhaften deutschen Forschungseinrichtungen und -gesellschaften auf dem Campus an. Von den großen Forschungsgesellschaften – und weniger von industriellen Gebern – stammt der größere Teil der Drittmittel, die bremische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einwerben. Die Uni ist bundesweiter Spitzenreiter bei der Drittmittel-Akquise.“ Fazit Bovenschulte: „Fünfzig Jahre nach ihrer Gründung ist Bremen ohne Universität nicht mehr vorstellbar. Man kann es sich nicht vorstellen, aber – und das ist sehr schön – man will es sich auch nicht vorstellen. Die Hochschulen sind Anziehungspunkt für junge Menschen, mit vielen tausend Arbeitsplätzen in Forschung und Gesellschaft.“
Bürgermeister Bovenschulte – selbst Student und ehemaliger AStA-Vorsitzender an der Uni Bremen – ist dabei wichtig, dass die Uni über diesen Weg „keinesfalls eine stromlinienförmige ‚brave‘ Hochschule“ geworden ist: „Vielmehr gelang es Uni und Senat, nicht nur einen neuen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Bereich von internationalem Renommee aufzubauen. Es gelang auch, die vorhandenen Gesellschaftswissenschaften mit ihren kritischen Frage- und Forschungsansätzen zu erhalten und zu fördern, ebenfalls mit dem Ergebnis internationaler Anerkennung.“ So habe es hier in Bremen sehr früh – möglicherweise vor allen anderen – kritische Forschung zur Sicherheit der Nukleartechnik gegeben.
Zum Erfolgsweg der Uni gehört für Bovenschulte daneben eine weitere Bremer Besonderheit, die 1988 schon wegweisend war und bis heute vorbildhaft ist: Die Gründung des Technologie-Parks an der Uni. Damit wurde sie zu einem Wirtschafsfaktor, der Technologiepark Universität gehört bis heute zu den größten Deutschlands, das Bremer Innovations-und Technologienzentrum (BITZ) ist bis heute ein funktionierendes Gründerzentrum. Bovenschulte: „Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft – und zwar ganz konkret mit Unternehmensgründungen aus der Uni heraus einen Steinwurf entfernt vom Campus – wird seither ein relevanter und wachsender Beitrag zur Wertschöpfung in Bremen erbracht.“
Beeindruckende Zahlen: „Uni gibt der Stadt Einiges zurück“
Wissenschaft ist eine Kategorie für sich. Doch das Bremer Wissenschaftssystem lässt sich auch in beeindruckenden wirtschaftlichen Kennziffern beschreiben: 24.000 Arbeitsplätze und 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner hängen direkt und indirekt daran, 38.000 Studierende bringen 217 Millionen Euro jährlicher Kaufkraft, 1,5 Milliarden Euro Wortschöpfung entstehen im System und 205 Millionen Euro jährlicher Steuereinnahmen. Bovenschulte: „Diese Zahlen mögen unscharf sein, aber sie lassen deutlich erkennen: Die Uni gibt Einiges an die Stadt zurück.“
Die Erfolgsgeschichte der Uni zeigt dabei auch andere Folgen: Die Uni selbst wächst, immer mehr wissenschaftliche Gesellschaften, Institute oder auch Firmen suchen die Nähe der Universität – es wird eng. Bovenschulte: „Ich wünsche mir, dass wir nun einen weiteren Schritt weg vom Elfenbeinturm machen und wir der Uni dabei helfen, sich noch einmal deutlich mehr als bisher zur Gesellschaft, zur städtischen Gesellschaft Bremens hin, zu öffnen. Das Groß-Projekt dazu trägt den Arbeitstitel ‚Uni an den Brill‘, womit im Wesentlichen ein Umzug der Gesellschaftswissenschaften gemeint ist.“ Sollte sich der Plan als umsetz- und finanzierbar erweisen, „wäre dies die demonstrative Öffnung der Uni zur Gesellschaft, vergleichbar mit der Öffnung der Uni zur Wirtschaft durch den Technologiepark“.
Wissenschaftssenatorin Dr. Claudia Schilling lobt DNA der Universität
Auf der Podiumsdiskussion anlässlich des Festaktes im Bremer Rathaus entwirft die Senatorin für Wissenschaft und Häfen, Dr. Claudia Schilling, im Gespräch mit dem Moderator Jan-Martin Wiarda Zukunftsvisionen für die Universität Bremen. „Die Universität ist ein Ort des Suchens und des Versuchens, es geht um Forschen und Finden, es geht um Gestaltung der Gesellschaft, der Wirtschaft, unserer Welt,“ sagt sie. „Ich bin froh über die bewegten Anfangsjahre, sie waren Aufbruchsjahre. Diese Jahre haben unsere Bremer Universität stark geprägt und ihr eine ganz eigene DNA eingelegt, eine DNA, die bis heute gewissermaßen die Universität ganz grundsätzlich auf Zukunft ausrichtet. Das heißt, die Bremer Universität ist für mich eine Universität der Vorwärtsgerichtetheit und dabei steht sie auf einem stabilen 50jährigen Fundament: Das Modell der Uni Bremen war schon damals – obwohl von vielen heftig kritisiert – zukunftsweisend“, so die Wissenschaftssenatorin.
Die Universität Bremen war schon in ihrer Anfangszeit, als das heute so häufig benutzte Wort noch gar nicht zur Bezeichnung von Exzellenz genutzt wurde, ein“ Leuchtturm“, sie hatte eine große Ausstrahlung und war Impulsgeber für andere Universitäten. „Die damals viel kritisierte Bremer Universität nahm viele Entwicklungen vorweg, die anderen Universitäten in Deutschland erst noch bevorstanden: Interdisziplinarität, Teamarbeit, forschendes Lernen in Projekten, Praxisorientierung und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Und heute 50 Jahre später kommen die Studierenden der Universität aus 120 Nationen“, so die Wissenschaftssenatorin. „Die Bremer Universität ist eine wirklich sehr international aufgestellte Wissenschaftsinstitution geworden. Ich bin überzeugt, die Universität hat nicht nur starke 50 Jahre hinter sich, sondern auch eine starke Zukunft vor sich.“
Rektor Scholz-Reiter: Reformgedanke prägte die Gründung
Die Universität Bremen sei mit dem Anspruch gegründet worden, eine Reformuniversität zu sein, die anders sein wollte, betonte Rektor Professor Bernd Scholz-Reiter, „nicht hochmütig, nicht prätentiös, nicht unnahbar, bloß keine Ordinarienuniversität.“ Stattdessen habe man sich auf das Wesentliche konzentriert: „Den Reformgedanken, den Abbau von Bildungsbarrieren, die Drittelparität, das Projektstudium und die Orientierung an gesellschaftsnahen Forschungsthemen“.
Mit Blick auf die nationalen und internationalen Gäste aus der Wissenschaftscommunity beim Festakt hob Scholz-Reiter hervor, dass es die starken Kooperationspartner seien, die es der Universität erlauben würden, ihr Potential auszuschöpfen – sei es in der Forschung, in der Lehre oder beim gemeinsamen Lösen zukünftiger Aufgaben. „Die drängenden Fragen etwa nach dem Klima- und Umweltschutz, einer friedvollen europäischen Gemeinschaft und der Erforschung von Weltall und Tiefsee lassen sich nur mit Hilfe der Synergien eines tragfähigen Kooperationsnetzwerkes beantworten.“
„YUFE weist den Weg in die Zukunft“
„Bestehendes zu optimieren und furchtlos voranzuschreiten, ist so aktuell und unumstößlich, wie am ersten Tag“, so der Rektor. „Wir sind es der Historie der Universität schuldig uns weiterzuentwickeln und unseren Blick in die Zukunft zu richten.“ So ist die Universität Bremen 50 Jahre nach ihrer Gründung an der Gestaltung einer Europäischen Universität beteiligt. Gemeinsam mit europäischen Partneruniversitäten arbeiten sie daher an einer Universität unter dem Namen YUFE – Young Universities for the future of Europe. „Dies ist einer der jüngsten Höhepunkte und er ist richtungsweisend für die Zukunft. Wir setzen auf Kooperation und richten unseren Blick nach Europa.“
Quelle Pressemeldung von Universität Bremen