Goebel: „Gas-Embargo dringend vermeiden“
In seiner Rede anlässlich des IHK-Jahresempfangs hat Präsident Uwe Goebel mit Ernüchterung auf die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen zwei Jahre zurückgeblickt. „Es hat sich als Irrtum erwiesen, dass Deutschland Krise kann. Corona hat uns vor Augen geführt, dass unser deutsches Krisen-Management leider häufig mangelhaft ist“, erklärte er. Die Corona-Maßnahmen seien allzu oft übers Ziel hinausgeschossen, ein Hin und Her wie jüngst bei den Quarantäne-Regeln sei schädlich gewesen. „Die wirtschaftliche Performance Deutschlands in der Pandemie lag im internationalen Vergleich allenfalls im hinteren Mittelfeld“, so Goebel. Er wünschte sich, dass die neue Bundesregierung viel stärker als die vorherige abgestimmt mit den europäischen Nachbarstaaten handele.
Hohe Krisenkompetenz brauche Deutschland nun auch wegen des am 24. Februar von Russland gestarteten Kriegs gegen die Ukraine. Dieser komme seit dem ersten Tag direkt bei den Unternehmen der Region an, denn diese seien wirtschaftlich eng mit der Konfliktregion verbunden. „Trotz der hohen wirtschaftlichen Belastungen steht unsere IHK ausdrücklich hinter den aktuell von der Politik beschlossenen Sanktionen. Wir setzen damit ein klares Zeichen gegen den russischen Angriff und für die Souveränität der Ukraine“, so Goebel. Allerdings forderte er auch bei den Sanktionen Maß und Mitte, insbesondere ein Gas-Embargo hätte aus seiner Sicht gravierende negative Folgen. „Ich rate deshalb dazu, ein Gas-Embargo unbedingt zu vermeiden“, so der IHK-Präsident, der zugleich der Bundesregierung für deren Besonnenheit in dieser Frage dankte.
Goebel wies darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft ganz grundsätzlich vor großen Herausforderungen im Energiebereich stehe. Der aktuelle Energiepreisschock sei dabei nicht allein Folge des Krieges, sondern auch das Ergebnis politischer Beschlüsse in Deutschland. „Aus meiner Sicht war es ein Fehler, eine Energiewende allein mit Abschaltungen immer weiterer Energieträger zu erzwingen“, so Goebel. Entscheidend für den Erfolg der Energiewende sei vielmehr, den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie den der Energienetze zu beschleunigen. Dafür müssten allerdings die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil sagte in seiner Rede mehr Tempo zu. Um die Versorgungssicherheit beim Gas zu gewährleisten, setze Niedersachsen unter anderem auf Flüssiggas. Dafür will das Land innerhalb nur eines Jahres ein schwimmendes Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven errichten. Kurz darauf sei in Stade ein weiteres Terminal geplant. „Wir haben uns die deutsche Meisterschaft in der Planungsbeschleunigung vorgenommen“, so Weil.
Langfristig dürfe allerdings der Klimawandel nicht aus den Augen verloren werden. „Corona und der Krieg in der Ukraine werden hoffentlich irgendwann vorbei sein. Dann wird der Klimawandel aber immer noch da sein“, erklärte der Ministerpräsident. Niedersachsen müsse daher seinen Vorsprung als „Energieland Nummer 1“ sichern und ausbauen.
Wichtig war auch ihm, dass das Land – ähnlich wie bei der Wirtschaftskrise 2008/2009 – gestärkt aus den aktuellen Krisen hervorgeht. Hier sah der Ministerpräsident sowohl Niedersachsen insgesamt als auch die Region gut aufgestellt. So werde Osnabrück etwa durch das neue Coppenrath Innovation Center mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz oder der von der IHK mitfinanzierten Stiftungsprofessur für Maschinelles Lernen an der Universität Osnabrück ein „Hotspot“ im Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Unter den rund 450 Gästen des IHK-Jahresempfang in Osnabrück waren – neben Stephan Weil – auch drei Minister der Niedersächsischen Landesregierung: Finanzminister Reinhold Hilbers, Umweltminister Olaf Lies und Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann. Für musikalische Unterhaltung sorgte die zehnjährige Nachwuchskünstlerin Michelle Marie Haase aus Meppen. Zudem kommentiere Dietmar Wischmeyer alias „Günther, der Treckerfahrer“ die politische Lage auf humoristische Weise. Am Ende der Veranstaltung bildeten die Gäste den IHK-Bezirk mit Pappschildern in den Farben der Ukraine nach und setzten damit ein Zeichen der Solidarität für das überfallene Land.
Quelle Pressemeldung von Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim