Arbeitskräftemangel in der Region Thema beim IHK-Mittagsgespräch
Wie findet man in einer Zeit Orientierung, in der aneinandergereihte Krisen wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg oder die Inflation zur Dauerkrise werden? „Vielleicht sollten wir von den Polynesiern lernen“, schlug René Duvinage, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nordhorn, im IHK-Mittagsgespräch in Osnabrück vor. Diese seien vor 6.000 Jahren einfach losgesegelt, ohne überhaupt ein festes Ziel zu kennen. Das Vorgehen widerspreche zwar jeglicher Produktivitätslogik, es hätte den Polynesiern aber ermöglicht, das Segeln unter widrigsten Bedingungen umfassend zu erlernen und Tausende Kilometer vom Festland entfernte Inseln zu besiedeln.
Ähnlich hätten die Agenturen für Arbeit in Niedersachsen auf die Corona-Pandemie reagiert. Seinerzeit sei das Thema Kurzarbeit vom Randthema schnell ins Handlungszentrum gerückt. Zwischenzeitlich war jeder sechste Beschäftigte in Niedersachsen in Kurzarbeit. Die Agenturen hätten dafür das 70-köpfige Kurzarbeit-Team kurzfristig auf 1.000 Mitarbeiter aufgestockt. Für die niedersächsische Wirtschaft habe sich das bewährt, denn viele Unternehmen hätten damit ihr Personal an Bord halten können.
Mittlerweile sei der Arbeitskräftemangel in den Unternehmen wieder Thema Nummer 1. „Wir reden hier ausdrücklich von Arbeitskräftemangel, nicht mehr nur vom Fachkräftemangel. Denn neben den qualifizierten Fachkräften fehlen den Betrieben immer mehr einfache Arbeitskräfte“, so Duvinage.
„Das Fehlen von Arbeitskräften wird sich wegen des demografischen Wandels massiv verschärfen, denn unsere Gesellschaft altert und schrumpft“, ergänzte Christiane Fern, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Osnabrück. In den kommenden Jahren tue sich eine ständig zunehmende Nachwuchslücke auf. So werde die Zahl der in den Ruhestand gehenden Menschen in Niedersachsen diejenige der neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Menschen im Jahr 2025 bereits um 5.000 Personen übertreffen. Diese Nachwuchslücke vergrößere sich auf 36.000 Personen im Jahr 2030.
Um diese Lücke zu schließen, sei die betriebliche Ausbildung entscheidend. Allerdings übertreffe die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen die Zahl der registrierten Bewerber im IHK-Bezirk deutlich – in der Teilregion Osnabrück um das 1,8-fache, in Emsland und Grafschaft Bentheim sogar um das 2,3-fache. „Damit haben es die Betriebe hier deutlich schwerer als in anderen Regionen Niedersachsens, erfolgreich Auszubildende zu gewinnen“, so Fern. Dies sei auch deshalb problematisch, da immer weniger junge Menschen die Schulen verlassen und sich von diesen dann auch noch immer weniger für eine Berufsausbildung entscheiden. Gemeinsam mit den Partnern in der Ausbildungsregion, wie den Kammern, Kommunen und Sozialpartnern, arbeiteten die Agenturen daher daran, mehr Jugendliche für die Ausbildung zu begeistern.
„Die Berufsausbildung muss auch in Zukunft attraktiv sein. Dazu müssen alle Partner beitragen“, erklärte IHK-Vizepräsident Axel Mauersberger. Dies sei nicht immer der Fall. So habe sich der IHK-Berufsbildungsausschuss kürzlich mit der Nutzung des Programmpakets Microsoft Office 365 in den Berufsbildenden Schulen in Niedersachsen befasst. Die Nutzung der Programme sei in den Berufsbildenden Schulen zur Zeit zwar grundsätzlich möglich. Jedoch bewerteten die Landesbeauftragten für den Datenschutz den Einsatz von Office 365 offenbar kritisch. „Aus meiner Sicht darf es nicht sein, dass das Land Niedersachsen bei einem in der Praxis völlig gängigen Programm auf der Bremse steht und damit moderne Kommunikation blockiert. Im Gegenteil: Mit einer zeitgemäßen IT-Ausstattung und -Nutzung würde auch die Berufsausbildung gestärkt., so Mauersberger.
Quelle Pressemeldung von Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim