Deutsche Umwelthilfe beantragt mit niederländisch-deutschem Bündnis Bauverbot von Gasbohrplattform auf geschütztem Riff in der Nordsee
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die niederländische Umweltorganisation Mobilisation for the Environment (MOB), die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland und die Stadt Borkum beantragen heute eine einstweilige Verfügung gegen den bevorstehenden Bau einer Gasbohrplattform vor der Nordseeinsel Borkum. Der Antrag wird im Zuge eines laufenden Verfahrens vor dem zuständigen Gericht in Den Haag gegen den Konzern One-Dyas gestellt. Eine Klage gegen den Bau der Plattform hatten die deutschen und niederländischen Organisationen bereits im Juli eingereicht, dieses Verfahren ist weiter anhängig.
Der Öl- und Gaskonzern One-Dyas plant die Errichtung der Bohrplattform in niederländischen Gewässern nördlich von Borkum. Auf Höhe dieses Gebietes befindet sich auf deutscher Seite ein naturschutzrechtlich geschütztes Riff von höchster Bedeutung für das Ökosystem Nordsee und dessen Küsten. Ein von der DUH in Auftrag gegebenes Gutachten zur Untersuchung des Meeresbodens am geplanten Bauplatz hat ergeben, dass sich das Riff auch über die Landesgrenze hinweg auf niederländischer Seite erstreckt. Gemäß geltendem EU-Recht ist das Gebiet der Baustelle deshalb nun unter strengen Naturschutz zu stellen. Die Genehmigung einer Bohrinsel auf dem Gebiet wäre damit rechtlich nicht haltbar.
DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Bei der bisherigen Planung für die Gasbohrungen vor Borkum sind bereits schwere naturschutzfachliche Fehler gemacht worden. Das von uns in Auftrag gegebene Gutachten zeigt, dass das Riff an der deutsch-niederländischen Grenze nicht einfach aufhört, sondern auf niederländischer Seite weitergeht. Wir erwarten deshalb, dass die Niederlande sich an geltendes EU-Recht halten und veranlassen, die von One-Dyas geplanten Baumaßnahmen sofort zu stoppen. Nur so kann ein irreversibler Schaden an diesem sensiblen Ökosystem verhindert werden. Die Gasmenge, die One-Dyas fördern möchte, würde weniger als ein Prozent des deutschen Gasverbrauchs abdecken und ist deshalb für die deutsche Energieversorgung irrelevant. Demgegenüber stehen vielmehr massive Umweltschäden, Treibhausgasemissionen und verheerende Konsequenzen für die Nordsee und deren Inseln. Wir werden alle rechtlichen Schritte ausschöpfen, um dieses Projekt zu stoppen.“
Auch die unmittelbar betroffene Insel Borkum ist um die Unversehrtheit des Riffes und des Nordseeraumes höchst besorgt. Der Bürgermeister von Borkum, Jürgen Akkermann, meint dazu: „Der deutsche FFH-Bericht von 2019 zeigt, dass sich die deutschen Riffe in einem ungünstigen bis schlechten Zustand befinden. Deshalb gilt ein Verschlechterungsverbot für diese Meeresgebiete, um die ökologische Vielfalt, die von diesem besonderen Lebensraum ausgeht, zu schützen und zu erhalten. Dieses sensible Ökosystem ist eng ineinander verzahnt und abhängig von den vorherrschenden Umweltbedingungen. Dem entgegen steht das Projekt der Erdgasförderung, welches durch die Emissionen von Schadstoffen ins Wasser und in die Luft sowie auch durch seismische Auswirkungen die Umwelt und damit die Lebensgrundlage der Inselbevölkerung nachhaltig bedrohen. Die niedrigen erwarteten Fördermengen der Erdgasförderung stehen daher in keinem Verhältnis zu dem hohen Risiko für die Umwelt und unseren Lebensraum.“
Mit der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland stellen sich auch die Menschen vor Ort klar gegen das Projekt. Ihre Sprecherin Sandra Koch erklärt: „Gerade ist die Artenschutzkonferenz in Montreal mit einem bahnbrechenden Beschluss zu Ende gegangen: ‚Die Staatengemeinschaft hat sich dafür entschieden, das Artenaussterben endlich zu stoppen‘, sagte die deutsche Umweltministerin nach dem Beschluss. Aber hier bei uns vor Ort soll nun eine Gasbohrplattform inmitten eines für den Artenschutz wichtigen Riffs gebaut und für die kommenden Jahrzehnte betrieben werden. Auch die EU-Kommission hat erst vor wenigen Tagen beschlossen die Fischerei in genau diesem Seegebiet einzuschränken, um das Riff als Lebensraum entsprechend seiner ökologischen Wichtigkeit für den Artenschutz zu erhalten. Die drohende Zerstörung des Riffs durch die Gasbohrungen von One-Dyas muss nun endgültig gestoppt werden.“
Auch die an der Klage beteiligten niederländischen Organisationen warnen vor der desaströsen CO2- und Umweltbilanz des Projekts. Stijn van Uffelen, Sprecher von Mobilisation for the Environment: „Wir befinden uns mitten in einer Klimakrise. Es ist außerordentlich wichtig, so schnell wie möglich aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auszusteigen. Doch One-Dyas setzt stattdessen auf die Erschließung neuer Standorte und die Förderung von Gas bis mindestens 2060. Auf dem Highway zur Klimahölle will ONE-Dyas das Tempolimit aufheben. MOB fordert, dieses rücksichtslose Projekt sofort zu stoppen.“
„Die Gasbohrplattform würde inmitten von Riffen des offenen Meeres platziert werden, die nach europäischem Recht streng geschützt sind“, erklärt die Umweltanwältin, Bondine Kloostra: „Der Bau einer Plattform wird die Stickstoffbelastung der geschützten Natur in den Niederlanden und Deutschland weiter erhöhen. Da es in den Niederlanden derzeit eine Stickstoffkrise gibt, verstößt diese zusätzliche Belastung gegen das Naturschutzrecht.“
Pressemeldung von DUH