Goebel: „Wirtschaft befindet sich im Dauerkrisenmodus“

Goebel: „Wirtschaft befindet sich im Dauerkrisenmodus“
Strampeln für Nachhaltigkeit (v.r.): Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann, IHK-Präsident Uwe Goebel, Wirtschaftsminister Olaf Lies und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf (Foto: Schöning Fotodesign/IHK).

Goebel: „Wirtschaft befindet sich im Dauerkrisenmodus“

In seiner Rede anlässlich des IHK-Jahresempfangs in der EmslandArena in Lingen bewertete IHK-Präsident Uwe Goebel die wirtschaftliche Lage als ernüchternd. „Wir befinden uns in einer Art Dauerkrisenmodus: Die Energiekrise, die hohe Inflation, eine sich abkühlende Weltwirtschaft, weiterhin gestörte Lieferketten, steigende Zinsen und zunehmende Arbeitskosten – all das zusammen ist so etwas wie ein ‚Giftcocktail‘“, erklärte er. Hinzu kämen hausgemachte Belastungen der Unternehmen durch neue Vorschriften. Als Beispiel nannte er das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, „ein Wort mit 36 Buchstaben, in Sprache gegossene Bürokratie“.

Besondere Sorgen bereitet dem IHK-Präsidenten die Energiepolitik in Deutschland. Die Folgen der Energiekrise seien für die regionalen Unternehmen bereits heute dramatisch. Die Betriebe zahlten hierzulande dreimal so viel für Strom wie in Frankreich und fünfmal so viel wie in den USA. Als Alarmzeichen werte er in diesem Zusammenhang, dass der Trend zu Auslandsinvestitionen gerade in der Industrie inzwischen deutlich zunehme. Hier machten die USA mit dem „Inflation Reduction Act“ Deutschland und der Europäischen Union große Konkurrenz.

Die aktuelle Misere sei dabei keinesfalls nur die Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine. „Sie ist Konsequenz einer Politik, der die Preise für Strom und CO2 noch vor wenigen Jahren nicht schnell und hoch genug steigen konnten“, so Goebel. Ein besonderes Problem stellten die wiederholten nationalen Alleingänge der verschiedenen Bundesregierungen dar. So sollen etwa in der EU die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 55 % gesenkt werden. In Deutschland müssen es nun 65 % sein. Auch bei dem Ausstieg aus der Kernkraft oder bei der Einspeicherung von CO2 beschreite Deutschland Sonderwege – und verfehle seine Klimaziele dennoch. Er plädierte daher dafür, über alle Energieträger hinweg das Energieangebot auszuweiten, um die Preise zu senken. Die Landesregierung beglückwünschte er dabei unter anderem für die schnelle Realisierung des neuen LNG-Terminals in Wilhelmshaven.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies bekräftigte in seiner Rede, dass die Landesregierung nicht nur bei der Einrichtung von Flüssiggasterminals einfacher und schneller werden wolle. Erfolgsrezept bei der Realisierung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven sei die enge Zusammenarbeit vor Ort gewesen. Diese müsse zum neuen Standard werden, um das Tempo – gerade bei der Energiewende – hochzuhalten. Allerdings fange die Beschleunigung in den Köpfen der Menschen an. Die durch eine Not-in-my-Backyard-Mentalität verursachten Widerstände müssten abgebaut werden. „Wir müssen bei der Energiewende wirklich weiterkommen. Das fängt bereits in den Köpfen an: Wörter wie ‚Horizontverschmutzung‘ und Landschaftsverspargelung‘ sind Bilder der Vergangenheit. Windräder und PV-Anlagen müssen als das wahrgenommen werden, was sie sind – Symbole für eine saubere, freie und unabhängige Energieversorgung“, meinte Lies. Um dies zu ändern, müssten aber auch die Befürworter und nicht nur die Gegner vor Ort laut werden. In diesem Zusammenhang sprach er sich auch deutlich für den vierstreifigen Ausbau der E 233 im Emsland sowie den Lückenschluss der A 33 Nord um Osnabrück aus.

Auch Lies trieb in seiner Rede die Sorge vor einer Deindustrialisierung um. In den USA seien die Fördersummen im Vergleich zu Deutschland und der EU sehr hoch, in der Türkei würden Unternehmensansiedlungen sogar durch kostenfreien Strom angelockt. Darauf müsse Europa Antworten finden: „Anstand allein sichert keine Industrie. Wir müssen daher ebenso wie diese Länder unsere Industrien unterstützen“, sagte der Wirtschaftsminister und schlug einen subventionierten Industriestrompreis und eine umfassende Industriestrategie vor. Es müsse darum gehen, Wertschöpfungsketten und damit Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.

Ein Schwerpunkt des Abends war das IHK-Jahresthema #GemeinsamNachhaltigWirtschaften. In diesem Kontext präsentierte die IHK in einem zum Empfang produzierten Film fünf regionale Pioniere in Sachen Nachhaltigkeit. Die Unternehmen Berky aus Haren, die Georgsmarienhütte Holding, der Maschinenbauer Bergmann aus Meppen, WKS Textilveredlung aus Wilsum und die Stadtgärtner aus Nordhorn zeigen, wie sie mit Nachhaltigkeit bereits heute unternehmerisch erfolgreich sind.

Unter den rund 500 Gästen des IHK-Jahresempfangs in Lingen war – neben Olaf Lies – auch die Justizministerin des Landes Niedersachsen, Dr. Kathrin Wahlmann. Für musikalische Unterhaltung sorgte die Rockabilly-Band „The Silverettes“ aus Osnabrück. Am Ende der von Ludger Abeln moderierten Veranstaltung brachten Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann, IHK-Präsident Uwe Goebel, Wirtschaftsminister Olaf Lies und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf auf Ergometern die Lichtinstallation „NIEDERSACHSEN NACHHALTIG“ zum Leuchten.

Pressemeldung von  Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim