Die Wirtschaftserwartungen des ostfriesischen Handwerks sind gedämpft. Wachstumsimpulse fehlen

Die Wirtschaftserwartungen des ostfriesischen Handwerks sind gedämpft. Wachstumsimpulse fehlen
Für die Dienstleistungen das Kfz-Handwerks müssen die Kunden tiefer in die Tasche greifen. Die höheren Einkaufspreise geben die Werkstätten an die Kunden weiter. Foto: AMH/F.Heller

Die Wirtschaftserwartungen des ostfriesischen Handwerks sind gedämpft. Wachstumsimpulse fehlen

Ostfriesland. Gestiegene Einkaufspreise, sinkende Umsätze, rückläufige Aufträge, schwierige Personalbesetzung und zögerliches Investitionsverhalten: „Die Stimmung im ostfriesischen Handwerk hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert“, gab Jörg Frerichs, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostfriesland, anlässlich der aktuellen Zahlen der Frühjahrskonjunkturumfrage bekannt. Insgesamt 211 Fragebögen wurden zur aktuellen Geschäftslage und den Zukunftserwartungen der Unternehmen online ausgewertet. Mit einem Geschäftsklimaindex von 98 Punkten weist das Wirtschaftsbarometer gegenüber dem Frühjahr 2023 ein dickes Minus von 19 Indexpunkten auf (Vorjahr 117).

Gedämpft wurde die Wirtschaftslage unter anderem durch die Haushaltskrise Ende 2023 und den Nahostkonflikt. So konnte sich die Stimmung im Vergleich zum vergangenen Herbst mit 96 Indexpunkten um zwei Zähler auf der Skala nur minimal verbessern. „Anders gesagt, wir treten auf der Stelle. Die Politik muss endlich den Wachstumsturbo zünden, damit wir aus dem Leerlauf kommen“, forderte Frerichs. Es brauche eine Wirtschaftspolitik, die Betriebe wie Beschäftigte entlaste, die Investitionsspielräume eröffne und so die Wettbewerbsfähigkeit stärke.

Der private Konsum bleibt aufgrund der hohen Unsicherheiten und gestiegener Zinsen zurückhaltend. Das mache sich besonders beim Bauhauptgewerbe mit negativer Stimmung bemerkbar. Dahingegen bewerteten die meisten anderen Branchen die Stimmung im ersten Quartal 2024 als beständig: rund 77 Prozent meldeten eine gute beziehungsweise befriedigende Geschäftslage. Die Prognose vieler Betriebe bleibt künftig aber weiter pessimistisch. „Große Herausforderungen sind und bleiben die hohen Einkaufspreise und die Fachkräftesicherung“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer weiter.

Das schlägt sich auch auf die Verkaufspreise nieder. Die Kunden müssen vor allem für Dienstleistungen aus dem Kfz-Handwerk und dem Kauf von Nahrungsmitteln tiefer in die Tasche greifen. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, haben per saldo 41 Prozent der Handwerker ihre gestiegenen Material- und Energiepreise auf die Verkaufspreise umgewälzt. Eine Verbilligung ist nicht in Sicht: Fast jeder Betrieb (97 Prozent) befürchtet, seine Preise vorerst nicht senken zu können.

Die Auftragsdynamik ist über den Verlauf des Winters deutlich zurückgegangen. 38 Prozent der Befragten berichten von einem Rückgang. Lediglich die Gesundheitsgewerbe stemmen sich gegen den Trend des Gesamthandwerks. Diese vermerkten einen gestiegenen (29 Prozent) oder unveränderten (71 Prozent) Auftragsbestand.

Negativ ist auch die Entwicklung des Umsatzes. Hierbei gibt es zwischen den Gewerken erhebliche Unterschiede. Die Branche der Bauhauptgewerbe beklagt mit 61 Prozent gesunkene Umsätze, ebenso wie das nachgelagerte Ausbauhandwerk mit 39 Prozent. Im Nahrungsmittelgewerbe hingegen konnten 25 Prozent der Bäcker, Fleischer und Konditoren gestiegene Einnahmen verbuchen. „Hier spiegeln sich die angezogenen Verkaufspreise wider“, kommentierte Frerichs. Auf der Plusseite steht außerdem das Gesundheitsgewerbe. Durch die gestiegene Auftragslage konnten 14 Prozent der Betriebe mehr Umsätze im Vergleich zum Vorquartal erwirtschaften.

Die Stimmung schlägt sich auf die sehr geringe Investitionsbereitschaft nieder. Wegen der zunächst weiterhin hohen Zinsen und der nur langsam schwindenden Unsicherheit über die staatlichen Rahmenbedingungen sind die Unternehmen zurückhaltend. „Dabei ist der Bedarf an Investitionen in die Energietransformation und Digitalisierung der Betriebe drängend hoch“, so der Hauptgeschäftsführer.

Einen deutlichen Beschäftigungsrückgang verzeichnet das Bauhauptgewerbe (41 Prozent), die gewerblichen Zulieferer (23 Prozent) und die Nahrungsmittelhandwerke (38 Prozent). „Zum Teil ist dies auf fehlende Fachkräfte und Auszubildende zurückzuführen. Gerade in den Gewerkegruppen mit schwieriger Geschäftslage dürfte aber auch der Abbau von Mitarbeitenden infolge eines Auftragsmangels eine Rolle gespielt haben“, deutete Frerichs an. Generell stehe bei diesem Thema dem Handwerk schwierige Zeiten bevor. „Der Fachkräftemangel einerseits sowie die langanhaltende hohe Inflation andererseits werden voraussichtlich zu deutlichen Lohnsteigerungen führen“, sagte Frerichs. Das dämpfe die Erwartungen der Unternehmen an die zukünftige Geschäftslage.

Quelle: Handwerkskammer für Ostfriesland