„Herr Ministerpräsident, einmal waschen, schneiden, föhnen bitte!“

„Herr Ministerpräsident, einmal waschen, schneiden, föhnen bitte!“
Foto: Friseur-Innung Oldenburg

„Herr Ministerpräsident, einmal waschen, schneiden, föhnen bitte!“

Wer von sich behauptet, vom amtierenden Ministerpräsidenten frisiert worden zu sein, sollte sich auf Unglaube und kritische Blicke in Richtung Haaransatz gefasst machen. Dass der niedersächsische Landesvertreter Stephan Weil aber durchaus das Potenzial für eine handwerkliche Ausbildung zum Friseur gehabt hätte, durfte der Ministerpräsident nun im Wardenburger Salon Bremer im Landkreis Oldenburg unter Beweis stellen.

Ministerpräsident arbeitet an echten Kundinnen und Kunden

Trotz fachkundiger Einweisung ist der sonst eher selbstbewusste Ministerpräsident plötzlich zögerlich, als die Haarschneidemaschine in seinen Händen liegt: „Haben Sie sich das gut überlegt?“ fragt er seinen Kunden, Stefan Dähne, der seinen Kurzhaarschnitt an diesem Tag von einem anderen Stylisten bekommt als gewohnt.

In den Salon Bremer kommt Dähne schon seit seiner Jugend, wie Oliver Bremer, Geschäftsführer des in vierter Generation geführten Familienunternehmens, bestätigt. Nur heute, da ist alles ein wenig anders als sonst: Ganze vier Stunden hat der amtierende niedersächsische Ministerpräsident sich Zeit genommen, um im Landkreis Oldenburg den Friseurberuf kennenzulernen. „Völlig fremd ist mir die Branche ja nicht“, erklärt Weil während er seinen Praktikumsvertrag unterschreibt. Er ergänzt: „Nur ich sitze für gewöhnlich dort, wo heute meine Kunden sitzen.“

Große Wertschätzung für das Friseur-Handwerk

Oliver Bremer, der auch Obermeister der Friseur-Innung Oldenburg ist, freut sich über die Unterstützung durch seinen Tagespraktikanten: „Ich sehe den heutigen Besuch vor allem als eine Wertschätzung für unsere gesamte Branche. Das gibt mir und hoffentlich auch all meinen Berufskolleginnen und Berufskollegen das Gefühl, dass wir gehört werden.“

Praktikant Weil hat währenddessen sichtlich Spaß an der Sache: Das Waschen der Haare inklusive Kopfhautmassage sorgt bei der Kundin trotz ausführender Prominenz für Entspannung. Obwohl die praktische Arbeit im Vordergrund steht und der Ministerpräsident nach dem Waschgang für eine Ansatzfärbung den Pinsel schwingt, spielen auch politische Themen an diesem Tag eine Rolle.

Offenes Ohr für Probleme der Branche

Bevor der Vorsitzende der SPD Niedersachsen sein Jackett gegen eine Schürze tauscht, geht es im Begrüßungsgespräch um die aktuellen Herausforderungen von Bremers Handwerk. Was dem Obermeister vor allem Sorgen bereitet, ist die Kleinunternehmerregelung, die insbesondere in der Friseurbranche gerne durch Schwarzarbeit missbraucht werden würde. „Die aktuelle Umsatzgrenze von 22.000,00 € jährlich, unter der keine Mehrwertsteuer abgeführt werden muss, wird leider oft auf illegalen Wegen eingehalten, weil sich Mehreinnahmen und die dadurch anfallenden Steuerabzüge erst ab einem deutlich höheren Betrag ausgleichen. In Deutschland liegen nur 62 Prozent der Friseurbetriebe über der Umsatzgrenze – da kann etwas nicht stimmen“, erklärt Bremer.

Einen Lösungsansatz stellt der Obermeister dem Ministerpräsidenten ebenfalls vor: „Entweder es muss stärker durchgegriffen werden und offensichtlichen Warnsignalen wie angebotenen Haarschnitten für 13,00 € wird systematisch mit Steuerprüfungen nachgegangen oder wir schaffen gleiches Recht für alle und machen die ersten 22.000 € Jahresumsatz auch für diejenigen steuerfrei, die mehr erwirtschaften.“

Der Praktikant darf wiederkommen

Die Realität in der Fläche kennenzulernen, um in Hannover die Geschicke seines Bundeslandes besser lenken zu können, liegt dem Ministerpräsidenten am Herzen: In der Vergangenheit hat er sich bereits in anderen Berufsfeldern ausprobiert.

Heute kommt es vor allem auf die Feinmotorik an: Eine Dauerwelle soll gewickelt werden. „Zum Glück nur an einer Puppe!“ lacht der Praktikant mit Regierungserfahrung. Die Resultate können sich allerdings sehen lassen, wie die anleitende Stylistin, die sich zumindest für einen Tag als Arbeitskollegin von Herrn Weil bezeichnen darf, lobt.

„Sie haben hier ein ausgezeichnetes Betriebsklima, Herr Bremer“, stellt der Ministerpräsident fest. „Darauf bin ich auch mächtig stolz“, entgegnet der Geschäftsführer und schießt mit einem Augenzwinkern hinterher: „Ich denke, Sie würden auch ganz gut ins Team passen.“

Pressemitteilung von: Friseur-Innung Oldenburg