Energieminister Meyer: „Der Einfluss Russlands auf den Atomsektor in Deutschland und Europa bereitet mir große Sorgen“
Der französische Brennelemente-Hersteller ANF (Framatome) hat beim Niedersächsischen Umweltministerium einen Antrag gestellt, in der Brennelementefabrik Lingen hexagonale Brennelemente für Atomkraftwerke russischer Bauart (VVER-Druckwasserreaktoren) in enger Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom/TVEL zu fertigen. Dies soll im Rahmen eines in Lyon/Frankreich abgeschlossenen Joint-Venture zwischen Framatome und Rosatom/TVEL erfolgen. Nach der öffentlichen Auslegung Anfang 2024 sind rund 11.000 Einwendungen zu den Erweiterungsplänen erfolgt. Jetzt startet am 20.11.2024 in den Emsland-Hallen in Lingen der Erörterungstermin zur umstrittenen Produktion von hexagonalen Brennelementen für Atomkraftwerke russischen Reaktortyps.
Energieminister Christian Meyer: „Das große öffentliche und internationale Interesse sowie die hohe Zahl der Einwendungen bestätigt die Entscheidung, einen Erörterungstermin vor Ort in Präsenz zu veranstalten. Die Fragen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens sind nicht trivial. Ein Gutachten des für das Atomgesetz zuständigen Bundesumweltministeriums hat darauf hingewiesen, dass auch die Gefahren für die innere und äußere Sicherheit – durch die geplante Kooperation mit Putins Atomkonzern Rosatom – Prüfgegenstand des atomrechtlichen Verfahrens sind. Die akuten Warnungen des niedersächsischen und bundesweiten Verfassungsschutzes vor Sabotage, Spionage und Desinformation aus Russland sind sehr ernst zu nehmen. Viele Experten aus der Ukraine und Osteuropa warnen vor dem direkt in den Angriffskrieg verwickelten staatlichen Atomkonzern Rosatom, der auch im besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporoschje mit Vorwürfen von Folter, Verletzung der Menschenrechte und Verwicklung in kriegerische Handlungen konfrontiert ist. Geschäfte mit Russland sollten daher gerade im Nuklearbereich unterbleiben und nicht erneut verfestigt werden, sondern auf Brennelemente ohne direkte oder indirekte russische Beteiligung gesetzt werden, wie es Tschechien und die Ukraine bereits tun, die alternative Lieferanten gefunden haben. Der Einfluss Russlands auf den Energiesektor in Deutschland und Europa bereitet mir große Sorgen.“
Der nicht-öffentliche Termin im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren in Lingen dient dazu, den Einwenderinnen und Einwendern Gehör zu verschaffen und die einzelnen Einwendungen sachlich zu erörtern. Vertreter der ANF, des Umweltministeriums und des Bundes werden anwesend sein. Das Umweltministerium bittet um Verständnis, dass Einschätzungen der Sicherheitsbehörden zu Gefahren für die innere und äußere Sicherheit streng vertraulich sind und in keiner Weise – über öffentliche Verlautbarungen hinaus – kommentiert oder herausgegeben werden. Auch im Erörterungstermin selbst werden vor allem Fragekomplexe der Einwenderinnen und Einwender erörtert, aber nicht bewertet. Ebenso kann keine Abschätzung gegeben werden, wie lange das sehr komplexe Verfahren in enger Kooperation mit dem Bund andauert.
Pressemeldung von Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz