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Energiepreise und -versorgung belasten regionale Wirtschaft: Fairer Interessenausgleich bei Gasmangel gefordert

Energiepreise und -versorgung belasten regionale Wirtschaft: Fairer Interessenausgleich bei Gasmangel gefordert

„Im Energiebereich steht die regionale Wirtschaft vor gravierenden Problemen. Der sprunghafte Anstieg der ohnehin schon hohen Öl-, Gas-, Strom- und Kraftstoffpreise belastet viele Betriebe erheblich“, sagte Matthias Hopster, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Landkreis Emsland, bei der Sitzung des Gremiums in Lingen.

In der Öffentlichkeit entstehe manchmal der Eindruck, der Energiepreisschock sei eine Folge des Kriegs in der Ukraine. „Das stimmt nur zum Teil, denn der Energiepreisschub ist auch eine Folge politischer Beschlüsse bei uns in Deutschland. Eine Öko-Inflation war politisch gewollt und wird sich auch fortsetzen“, so Hopster. Allerdings sei den handelnden Politikern durch den Krieg in der Ukraine wohl klarer geworden, dass sich das Gelingen der Energiewende auch an einer sicheren Versorgung und bezahlbaren Energiepreisen entscheide.

Die konkreten Herausforderungen der Energiewende beleuchtete Dr. Heiner Lütjen von Die Netzwerkpartner n.e.V, einem Zusammenschluss von Energieversorgern und Stadtwerken. So hätten sich etwa die Beschaffungspreise für Gas sowie für Strom im Großhandel für Versorger im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Ursachen seien neben dem Krieg in der Ukraine die steigende Nachfrage und wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise, der steigende CO2-Preis, witterungsbedingte Einflüsse sowie der geringe Füllstand der Gasspeicher. Mittelfristig sei aufgrund der volatilen Lage von keinem dramatischen Preisverfall an den Strom- und Gasmärkten auszugehen. „Vermutlich werden wir frühestens ab 2030 durch die nationale und internationale Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff wieder deutlich sinkende Preise sehen“, so Lütjen. Die Energiewende sei politisch und gesellschaftlich gewollt, stelle aber auch eine enorme Transformation dar, die nicht nur wirtschaftliche Gewinner hervorrufen werde. Es werde darauf ankommen, unterschiedlichen Anspruchsgruppen passende Förderinstrumente und Anreizsysteme zur Verfügung zu stellen, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu sichern. Genehmigungsverfahren von erneuerbaren Energie-Projekten um den Faktor 3 zu beschleunigen und dem zunehmenden Fachkräftemangel im Handwerk zu entgegnen, seien weitere Herausforderungen. Auch die Innovationskraft der Unternehmen sei gefragt: „Wir brauchen ein Jahrzehnt der Klimainnovationen“, so Lütjen abschließend.

Regionalausschussmitglied Hans-Martin Gall, Geschäftsführer der Stadtwerke Lingen GmbH, berichtete über die Folgen des Kriegs in der Ukraine für die Gasversorgung. „Die Abhängigkeit und die Versorgungssicherheit bekommen einen völlig neuen Stellenwert“, erklärte Gall. Derzeit sei die Gasversorgung im Netz der Stadtwerke Lingen stabil und die Versorgungssicherheit gewährleistet, zumal die Stadtwerke aktuell mit L-Gas versorgt würden, das größtenteils aus den Niederlanden und heimischen Erdgasvorkommen stamme. Allerdings würden in einer Gasmangellage andere Spielregen gelten. Werde die dritte Eskalationsstufe („Notfallstufe“) des Notfallplans Gas ausgerufen, übernehme die Bundesnetzagentur die Verantwortung und setze den Netzbetreibern Vorgaben über die Gasmengen. Nach bisherigen Planungen der Politik würden die privaten Haushalte in den Gasnotfall-Plänen privilegiert. „Wenn dies so bliebe, müsste die Wirtschaft und allen voran die Industrie die Hauptlast eines künftigen Gasmangels tragen. Das wäre der Lage nicht angemessen. Besser wäre es, einen fairen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Verbrauchern zu finden“, erklärte der Ausschussvorsitzende Hopster. Hinsichtlich der Umsetzung Energiewende mahnte er eine deutliche Beschleunigung an. „Vor allem Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen so abgekürzt werden, dass Projekte nicht mehr jahrelang verzögert werden. Tempo ist wichtiger als Perfektion“, so Hopster.

Der Ausschuss tagte bei der Kampmann GmbH & Co KG in Lingen. IHK-Vizepräsident Hendrik Kampmann berichtete über die Maßnahmen des Unternehmens, seinen CO2-Fußabdruck zu verringern. Eine interne Arbeitsgruppe habe an der Reduzierung des gesamten Energieverbrauches gearbeitet. Zu den Maßnahmen gehörten der Einbau von Präsenzmeldern bei der Arbeitsplatzbeleuchtung, die Anschaffung einer Photovoltaikanlage, die Überwachung der Hallentemperatur, die Optimierung der Kaltwassererzeuger sowie die Umstellung der Flotte auf E-Mobilität – zunächst im Innen- sowie testweise im Außendienst. Ziel sei es, die Flotte innerhalb von vier Jahren zu 80 % auf E-Mobilität umzustellen.

Der aus ehrenamtlich tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern bestehende IHK-Regionalausschuss Landkreis Emsland trifft sich dreimal jährlich. Seine Mitglieder tauschen sich regelmäßig mit Experten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft aus und erarbeiten Positionen für die IHK-Vollversammlung.

Quelle Pressemeldung von  Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim

 

WEWRedakteur

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