Karriere

Integration auf Fachkräfte-Niveau

Erste „IHAFA-Generation“ schafft Ausbildungsabschlüsse

Mohammed Juma lächelt. Er sagt Sätze wie „ich bin mega-verliebt in Oldenburg“ oder „meine Zukunft sehe ich in Deutschland“. Der 27-jährige, aus Syrien stammende Mann hat in dieser Woche allen Grund, gut drauf zu sein. Er hat seine Gesellenprüfung im Friseurhandwerk mit der Gesamtnote 3 bestanden. „Ich kenne die Inhaltsstoffe einer Farbe, habe in der Berufsschule Bio, Chemie und Mathe in einer anderen Sprache gelernt. Einige Fachwörter haben 20 Buchstaben. Jetzt bin ich ein Fachmann“, strahlt Mohammed Juma.

Die Flucht aus Syrien hat Mohammed Juma 2015 nach Deutschland geführt. In jenem Jahr starteten die niedersächsischen Handwerkskammern mit Landesgeldern zum 1. November das Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber, kurz: IHAFA. Integrationsberater Hussein Kerri von der Handwerkskammer Oldenburg erinnert sich an die Anfänge: „Im März 2016 haben Mohammed und ich uns kennengelernt.“ Dann schlägt er den Bogen in die Gegenwart: „Nun haben die ersten 20 Teilnehmer ihre Ausbildung bestanden. Das ist ein großer Erfolg.“

Kai Vensler, Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer, berichtet von „einem großen Willen der Geflüchteten, in Deutschland anzukommen“. Dazu gehöre das Wissen, wie die duale Ausbildung funktioniert und welche Perspektiven sie bietet. „Das IHAFA-Projekt ist ein sehr guter Wegbegleiter für die Integration. Und wir sehen jetzt: Es ist zu schaffen.“ Ohne Projekte und gute Netzwerkarbeit, wie sie im Oldenburger Land betrieben werde, sei es aber nicht möglich, eine große Zahl an Geflüchteten zu erreichen, so Vensler.

Seit Projektstart haben sich über 900 Geflüchtete an die Handwerkskammer Oldenburg gewendet. Das Verhältnis von Männern zu Frauen liegt bei 12:1. In Praktika sind rund 500 Personen gegangen und 130 haben ein Langzeitpraktikum, eine so genannte Einstiegsqualifizierung absolviert. Die duale Ausbildung, das Kernziel des Projekts, haben bislang 220 Geflüchtete begonnen. Hussein Kerri hat am meisten Gespräche mit Syrern, Irakern, Afghanen und Iranern. „Die hauptsächlich gewählten Berufe sind Kfz-Mechatroniker, Anlagenmechaniker Sanitär, Heizung, Klima sowie Friseur und Maler“, erklärt der Integrationsberater.

Hussein Kerri begleitet seine Teilnehmer intensiv. So begann beispielsweise die Arbeit mit Mohammed Juma bei einer Kompetenzfeststellung. Dazu gehörte ein Betriebspraktikum von fünf Wochen und er erhielt drei Wochen Einblicke in die Bereiche Holz, Metall und Farbe im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer.

Dann traf er die für ihn richtige Entscheidung für das Friseurhandwerk. Über eine Einstiegsqualifizierung und einem Intensivsprachkurs ging es in die Ausbildung. „In dieser Zeit war Mohammed Klassensprecher und hat mich zu Veranstaltungen in Schulen begleitet, um über die duale Ausbildung zu informieren“, sagt Kerri.

Mohammed Juma weiß, dass ihm seine offene Art bei der Integration auf Fachkräfte-Niveau geholfen hat. „Ich habe den Kunden erzählt, wie es mir geht und sie haben mir Tipps gegeben, wie ich besser zurechtkomme“, verrät er ein Erfolgsrezept. Schon seit einiger Zeit hat er sein nächstes Ziel ins Auge gefasst: Die Meisterschule. Er ist froh, dass es in Deutschland das Aufstiegs-Bafög und in Niedersachsen die Meisterprämie gibt.

Die Gesellenprüfung hat ihm einen zusätzlichen Motivationsschub verliehen: Den Prüfungsbereich „Betriebsorganisation und Kundenmanagement“ hat er nämlich mit Note 1 bestanden. Formal führt er nun auch einen Realschulabschluss. Noch wichtiger für Mohammed Juma ist allerdings, dass er das deutsche Schulsystem „von innen“ kennengelernt hat.

„Wenn ich Kinder habe, weiß ich Bescheid“, blickt der 27-Jährige noch weiter nach vorn. Und lächelt wieder. Sein Gesicht strahlt Zufriedenheit aus. Er hat sich innerhalb von fünf Jahren sehr viel aufgebaut.

Quelle: Pressemeldung Handwerkskammer Oldenburg

 

WEWRedakteur

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