Loth: „Bedeutung des Sozialen wird oft unterschätzt“

Diskutierten beim IHK-Mittagsgespräch über die Bedeutung des Sozialen (v.r.): IHK-Vizepräsident Thomas Kolde, Franz Loth und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf.

IHK-Mittagsgespräch mit Caritasdirektor Franz Loth

„Zehn Jahre Wirtschaftsaufschwung in Deutschland haben nicht dazu geführt, dass sozialpolitische Themen von der Tagesordnung verschwunden wären. Im Gegenteil: Die aktuelle politische Diskussion ist vielfach von sozialen Themen geprägt.“

Die erklärte IHK-Vizepräsident Thomas Kolde zur Eröffnung des IHKMittagsgespräch in Lingen mit Franz Loth, dem Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück e. V. So stehe der Wohnraummangel in einigen Städten und Regionen mittlerweile täglich auf der medialen Agenda. Und nicht zuletzt der Digitale Wandel rufe nach einer sozialpolitischen Begleitdiskussion.

Loth, der zugleich Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen e. V. ist, wies darauf hin, dass soziale Einrichtungen eine viel größere Bedeutung für den Wirtschaftsstandort haben als in der Öffentlichkeit bekannt. Hierzu gehörten Institutionen wie die Caritas, die Diakonie, die Heilpädagogische Hilfe oder die Lebenshilfe, so Loth.

 

40 Einrichtungen

In den 40 Einrichtungen in direkter Trägerschaft des regionalen Caritasverbandes sind nach Angaben von Loth derzeit knapp 1.300 Menschen beschäftigt. Hinzu kommen noch ehrenamtliche Unterstützer. „Auf einen hauptamtlich Beschäftigten kommt im Schnitt ein Ehrenamtlicher“, so Loth. Dies trage auch zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei. „Gute Sozialpolitik ist daher immer auch gute Demokratiepolitik“, ist der Caritas-Direktor überzeugt.

Der hohe Personalbedarf der Branche bringt nach seinen Angaben allerdings auch Herausforderungen mit sich: „Wir leiden derzeit massiv unter dem Fachkräftemangel insbesondere im Pflegebereich sowie in Kindertagesstätten“, erklärt der Caritas-Direktor. Ohne Fachkräfte aus dem Ausland sei die Situation bereits heute nicht zu bewältigen.

 

Belastungen

Vor diesem Hintergrund beklagte er die hohen bürokratischen Belastungen. „Schätzungsweise ein Drittel der Arbeitszeit von Pflegekräften entfällt derzeit auf die Erledigung bürokratischer Vorgaben etwa zur Dokumentation. Diese Zeit steht nicht mehr für die Arbeit mit den Menschen zur Verfügung“, erklärt Loth und ergänzt: „Die Belastungen steigen sogar, aktuell vor allem durch die Umsetzung des Teilhabegesetzes“.

Am Beispiel verdeutlichte er hier die praktischen Herausforderungen. So könnten betreute Menschen bisher unkompliziert in sozialen Einrichtungen wohnen. Künftig müsse mit jeder einzelnen Person ein Mietvertrag geschlossen werden. Die Mieten müssten die betreuten Menschen aus dem ihnen zugeteilten individuellen Budget bezahlen.

IHK-Hauptgeschäftsführer Graf machte auf die hohe Arbeitsmarktbedeutung der sozial- und Gesundheitsbranche auch in der Region aufmerksam: „In der IHK-Liste der größten Arbeitgeber der Region sind unter den Top-Fünf allein drei Einrichtungen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich.“ Damit gehöre der Sektor auch in der Region zu den Beschäftigungsstärksten.

In der Diskussion bekräftigten alle anwesenden Unternehmer, dass die regionalen Betriebe unter steigenden Bürokratielasten leiden. „Entgegen der Absichtsbekundungen der Politiker, Bürokratie abzubauen, geschieht regelmäßig das Gegenteil“, so Kolde und Graf abschließend.

 

 

Quelle: Pressemeldung Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim