Bauministerium, NBank und vdw legen Wohnungsmarktbericht 2021 vor
„Die größten Herausforderungen für den Wohnungsmarkt in Niedersachsen sind für die nächsten Jahre die Bezahlbarkeit des Wohnraums, die neuen Anforderungen, die der demographische Wandel mit sich bringt, und die Klimaneutralität.“ So fasste Niedersachsens Umwelt- und Bauminister Olaf Lies die Aussagen des aktuellen Wohnungsmarktberichtes zusammen, den er gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der NBank, Michael Kiesewetter, und der Verbandsdirektorin der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw),
Dr. Susanne Schmitt, in Hannover vorstellte. „Der Wohnungsmarktbericht ist eindeutig: Wir haben weiterhin vielerorts im Land einen angespannten Wohnungsmarkt. Das gilt vor allem für unsere Ballungsgebiete, die Universitätsstädte und die wirtschaftlich starken Regionen. Vielerorts fehlen günstige und vermehrt auch kleine und barrierefreie Wohnungen. Mietpreissteigerungen und ein Anziehen der Kaufpreise für Eigenheime und Eigentumswohnungen sind die Folge“, so Lies.
Deutlich zeige sich aber auch, dass die Umlandgemeinden wachsen, oft sogar bis in die „dritte Reihe“, weil die großen Städte zu teuer seien. Demgegenüber gäbe es in Niedersachsen viele Gebiete mit Wohnungsüberhängen, wo der demographische Wandel zu starken Verringerungen der Einwohnerzahlen führe. „Der zweijährig erscheinende Bericht will den Planern und Entscheidern vor Ort eine Datengrundlage geben für ihre wohnungspolitischen Entscheidungen. Er ist ein wichtiges Instrument, um Handlungsstrategien zu entwickeln“, hob Lies hervor.
„Der neue Wohnungsmarktbericht bewertet nicht nur den aktuellen Zustand der Wohnungsmärkte in Niedersachsen und gibt Ausblicke in die Zukunft“, betonte der Vorstandsvorsitzende der NBank Michael Kiesewetter bei der Vorstellung des Berichts. „Als praxisnaher Bericht gibt er allen an der Wohnungsmarktentwicklung beteiligten Akteurinnen und Akteuren wertvolle Handlungsempfehlungen. Um den Wohnungsmarkt nachhaltig anzukurbeln, ist es wichtig, den Bestand ins Auge zu nehmen und die dortigen Chancen zu nutzen. Mit öffentlicher Förderung können wir bezahlbaren Wohnraum für Investoren interessanter machen. Fest steht aber auch, dass ausreichender bezahlbarer Wohnraum nur geschaffen werden kann, wenn nicht nur die finanziellen Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sondern eine neue gesellschaftliche Verantwortung entwickelt wird. Hierfür setzen wir uns ein.“
Die Verbandsdirektorin des vdw, Dr. Susanne Schmitt, sagte: „Die Botschaft des neuen Wohnungsmarktberichts ist eindeutig: Es gibt weiterhin sehr viel zu tun! Die aktuelle Lage an den Wohnungsmärkten ist weiterhin angespannt. Zwar steigen die Baufertigstellungen signifikant, und die vorliegenden Baugenehmigungen deuten darauf hin, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzen wird. Aber die großen Ziele beim bezahlbaren Wohnen haben wir noch nicht erreicht.
Immerhin wird der rapide Rückgang öffentlich geförderter Wohnungen von den vdw-Mitgliedsunternehmen durch ein breites Angebot preisgünstiger Bestandswohnungen zumindest in Teilen abgefedert; ihre Durchschnittmiete liegt bei 5,71 Euro pro Quadratmeter. Wir sind also weiterhin die Mietpreisbremse in Niedersachsen.
Dem großen Neubaubedarf an bezahlbaren Mietwohnungen stehen aktuell gewaltige Probleme entgegen: rasant steigende Baukosten, fehlende Baustoffe, ein Mangel an bautechnischen Elementen und zu geringe Kapazitäten im Bauhandwerk. Der vdw hält daher an seiner Forderung nach einem länderübergreifenden Baukostengipfel fest.
Außerdem ergeben sich aus dem Bericht weitere Forderungen an Land und Kommunen:
schnellere, digitale Planungs- und Genehmigungsverfahren mehr günstiges, kommunales Bauland, eine flächendeckende Breitbandversorgung auch für ländliche Räume Ausbau der Ladeinfrastruktur für mehr E-Mobilität, Förderung erneuerbarer Energien, integrierte Konzepte für Stadt- und Quartiersentwicklungen“ Förderbedingungen so gut wie nie.
Problematisch, so Lies, sei der Rückgang des Bestandes an Sozialwohnungen. Er ist um 42 Prozent gegenüber 2012 auf 57.000 Wohnungen gesunken.
„Insofern ist die Schaffung von günstigen Wohnungen die Kernaufgabe der nächsten Jahre“, sagte der Bauminister. Deshalb sei es gut, dass das Land neue Förderbedingungen aufgestellt habe. „Es sind die besten, die es jemals in Niedersachsen gab“, stellte Lies fest. „Die Instrumente sind da. Davon muss noch mehr Gebrauch gemacht werden und stärker in den sozialen Wohnungsbau zu investiert werden. Besonders Ältere, Alleinerziehende, junge Menschen in Ausbildung und Familien würden von den bereitgestellten Finanzmitteln des Landes profitieren, sagte Lies.
Bedarf an kleinen, barrierefreien Wohnungen nimmt zu.
Als zweite große Herausforderung nannte Lies die Schaffung von altersgerechten Wohnungen. „Unsere Bevölkerung wird älter. In praktisch allen Städten und Gemeinden wird die Zahl der Senioren zunehmen“, machte Lies deutlich. Laut Wohnungsmarktbericht ändern sich aufgrund des demographischen Wandels die Haushaltsstrukturen. Während die Zahl der Familienhaushalte sinkt, wird es mehr kleine Haushalte geben. Der Wohnungsbestand an kleineren Wohnungen muss in den nächsten Jahren entsprechend vergrößert werden und auch den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden. Minister Lies: „Mit der Neufassung der Bauordnung haben wir die Voraussetzungen geschaffen, um mehr barrierefreie Wohnungen zu errichten.“
Klimaneutralität bis 2045
Die dritte große Herausforderung sei es, die Klimaziele zu erreichen. „Etwa 35 Prozent des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs entfallen auf Gebäude. Sie verursachen in Deutschland bis zu 30 Prozent der Treibhausgasemissionen. Vor allem ältere Gebäude verbrauchen bis zu fünf Mal mehr Energie als nach 2001 errichtete Neubauten“ erläuterte Lies. Er forderte dazu auf, sich besonders auf die Sanierung des Bestands zu konzentrieren. Auch der Austausch aller Heiztechnologien mit fossilen Brennstoffen sei erforderlich. „Nur so können wir das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 erreichen“, ist der Minister überzeugt. Es sei „eine der größten gesellschaftlichen Aufgaben der nächsten Jahre und Jahrzehnte, diesen notwendigen Prozess des Umbaus auch sozial abzufedern und alle Menschen mitzunehmen“, so Lies. Dabei verwies der Minister auch noch einmal auf die aktuellen Beschlüsse der Bauministerkonferenz.
Einfluss von Corona
Der Bericht zeigt auch, wie sehr die Corona-Pandemie Einfluss nimmt und neue Entwicklungen anstößt: „Das Arbeitsleben wurde für viele ins eigene Zuhause verlegt. Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt lern gerade, dass mobiles Arbeiten und Home- Office möglich sind. Entsprechend verändern sich Gewohnheiten. Das ist eine Entwicklung, die sich auch nach Corona nicht wieder vollständig zurückdrehen wird. Wohnraum mit Arbeitszimmern wird daher künftig absehbar mehr nachgefragt“, gibt Lies einen Ausblick auf- kommende Entwicklungen. Das gelte auch für Gärten und Balkone. Die räumliche Nähe zum Arbeitsplatz könnte unwichtiger werden, da Pendeln deutlich weniger nötig werde.
Zunahme des Geschosswohnungsbaus
Niedersachsen ist nach wir vor ein klassisches „Eigenheim-Land“. 58 Prozent aller Wohnungen befinden sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern. Das eigene Haus ist das Ziel zahlreicher Menschen, vor allem von jungen Familien. „Der Bericht zeigt aber auch sehr klar, dass wir im Bereich der Mehrfamilienhäuser und des Geschosswohnungsbaus deutlich vorangekommen sind“, hob Minister Lies hervor. Von 2013 bis 2020 wurden die Fertigstellungen in diesem Segment mehr als verdoppelt. Beinahe die Hälfte aller fertiggestellten Wohnungen in Niedersachsen wurden 2020 in Mehrfamilienhäusern errichtet. Der Geschosswohnungsbau ist somit in besonderem Maße für den Anstieg der Baufertigstellungen auf über 30.000 Wohnungen in letzten Jahr verantwortlich. Der Bauminister lobt: „Die niedersächsische Wohnungswirtschaft hat hier eine enorme Leistung erbracht.“ Wohnungen in Mehrfamilienhäusern würden Baulandflächen optimal ausnutzen, mehrheitlich zur Miete angeboten und befänden sich häufig z. B. über öffentliche Förderung unterhalb der Marktmiete. Damit leisteten sie einen wichtigen Beitrag zur Wohnungsversorgung – vor allem in den Ballungsräumen des Landes.
Quelle Pressemeldung von Nds. Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz