Wann spricht man von Berufsunfähigkeit?

Wann spricht man von Berufsunfähigkeit?

Wann spricht man von Berufsunfähigkeit?

Von Berufsunfähigkeit kann jeder betroffen sein. In Deutschland wird Statistiken zufolge etwa jeder Vierte berufsunfähig. Kommt es dazu, drohen durch den möglichen Einkommensausfall finanzielle Probleme. Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann diesen entgegengewirkt werden. Doch wann gilt man eigentlich als berufsunfähig, damit die BU-Versicherung auch vollumfänglich greift?

Wann gilt man laut Gesetzgeber als berufsunfähig?

Per Gesetz liegt eine Berufsunfähigkeit bereits vor, wenn die versicherte Person den zuletzt von ihm ausgeübten Beruf nicht mehr in gewohnter Art und Weise ausüben kann. Hinzu kommt, dass die versicherte Person für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht in der Lage ist, ihrer Arbeit nachzugehen. Dafür ist ein ärztliches Gutachten zur Prognose der Krankheitsdauer notwendig.

Berufsunfähigkeit in der privaten Versicherung klar im Versicherungsvertragsgesetz geregelt

Im Versicherungsvertragsgesetz ist genau geregelt, wann eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Eine genaue Definition findet sich in § 2 der Allgemeinen Bedingungen. Demnach wird eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nur gezahlt, wenn ein Arzt oder Gutachter eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent diagnostiziert hat. Zahlungen erfolgen per Definition also immer dann, wenn der Beruf aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr wie bisher ausgeübt werden kann. Gemeint ist damit ein körperlicher oder geistiger Zustand, der vom normalen Gesundheitszustand abweicht und die berufliche Leistungsfähigkeit und Einsatzmöglichkeit dauerhaft beeinträchtigt. Dabei wird bei einer privaten BU-Versicherung – anders als bei der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente – auch gezahlt, wenn psychische Erkrankungen zur Berufsunfähigkeit führen.

Die Berufsunfähigkeit im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung

Wer bis zum Jahr 2001 berufsunfähig wurde, hatte als gesetzlich Rentenversicherter einen Anspruch auf Rentenzahlung. Diese Form der staatlichen Berufsunfähigkeitsversicherung wurde durch die Erwerbsminderungsrente ersetzt, welche jedoch nur schwer zu bekommen ist. Denn: als „erwerbsgemindert“ gelten nur Personen, die in keinem Beruf mehr arbeiten können. Und zwar unabhängig vom Berufsfeld. Kann also ein Handwerker aufgrund der Berufsunfähigkeit nicht mehr in diesem Bereich arbeiten, aber noch einen Job im Bürobereich ausüben, wird er darauf verwiesen und erhält keine Rente. Auch wer noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann, gilt nicht als erwerbsgemindert.

Ursachen für den Eintritt einer Berufsunfähigkeit

Ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, hängt davon ab, ob die Person ihren Beruf noch ausüben kann oder nicht. Der Eintritt muss entweder durch eine Krankheit oder durch Kräfteverfall erfolgen und durch einen Arzt bestätigt sein. In der heutigen Zeit stehen psychische Erkrankungen wie Depressionen sowie Nervenkrankheiten als Ursachen für eine Berufsunfähigkeit ganz oben. Außerdem sorgen Erkrankungen der Wirbelsäule, der Gelenke oder der Muskeln sowie Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebserkrankungen dafür, dass man berufsunfähig werden kann.

Verweisung ein Problem bei der Anerkennung einer Berufsunfähigkeit

Die sogenannte Verweisung stellt immer wieder ein Problem dar, wenn es um die Anerkennung der Berufsunfähigkeit geht. Eine Unterscheidung erfolgt dabei in abstrakte und konkrete Verweisung, welche in den Versicherungsbedingungen geregelt ist und es dem Versicherer ermöglicht, Leistungen unter bestimmten Umständen zu verweigern. Der zuletzt ausgeübte Beruf bildet grundsätzlich die Grundlage für die Verweisung.

Die abstrakte Verweisung

Sofern im Versicherungsvertrag eine abstrakte Verweisung vereinbart wurde, wird der Versicherer bei Vorliegen einer Berufsunfähigkeit versuchen, dem Versicherten dazulegen, dass es zwar im bisherigen Beruf nicht mehr arbeiten kann, aber

  • trotz einer gesundheitlichen Beeinträchtigung dennoch eine andere Tätigkeit ausüben kann,
  • für eine andere Tätigkeit entsprechende Kenntnisse sowie Fähigkeiten (z. B. aufgrund der ursprünglichen Ausbildung und Berufserfahrung) besitzt,
  • ein Einkommen, vergleichbar mit dem bisherigen, erzielt werden kann (zumutbare Einkommensminderung darf 20 Prozent nicht überschreiten) und
  • die Arbeitsbedingungen mit denen der bisherigen Beschäftigung vergleichbar oder sogar besser sind.

Der Begriff „abstrakt“ bezeichnet dabei eine Tätigkeit, die mit den verbliebenen Fähigkeiten noch ausgeübt werden könnte. Der Versicherer wird durch die abstrakte Verweisung von seiner Zahlungspflicht befreit, sofern der Versicherte einer anderen Tätigkeit nachgehen könnte, die aus sozialer Sicht der bisherigen Tätigkeit gleicht. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob eine solche Tätigkeit für den Versicherten am Arbeitsmarkt zu finden ist. Ist ein Job für den Versicherer „abstrakt“ vorstellbar, kann er die Leistung verweigern. Deshalb sollten Interessenten vor Abschluss einer BU-Versicherung darauf achten, dass der Vertrag keine abstrakte Verweisung enthält.

Die konkrete Verweisung

Liegt eine konkrete Verweisung vor, wird der Versicherte durch den Versicherer auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit verwiesen. Wird der Versicherte also in seinem bisher ausgeübten Beruf berufsunfähig, leistet der Versicherer. Wenn der Versicherte nach Beginn der Berufsunfähigkeit jedoch einen anderen, aber gleichwertigen Beruf wirklich ausübt, hat der Versicherer die Möglichkeit, darauf zu verweisen und die Leistung zu verweigern.

Bei der konkreten Verweisung ist eine Verweisung aber nur in folgenden Fällen möglich:

  • für die Tätigkeit liegt eine entsprechende Vorbildung vor,
  • der Versicherte wird durch diese Tätigkeit weder unter- noch überfordert,
  • die Tätigkeit trägt dazu bei, dass ein zum zuletzt ausgeübten Beruf vergleichbares Einkommen erzielt werden kann (Minderung darf maximal 25 Prozent betragen) oder
  • durch die Tätigkeit wird eine vergleichbare soziale Wertschätzung möglich.

Wird eine konkrete Verweisung vereinbart, obliegt dem Versicherer die Beweispflicht, dass die Tätigkeit, die der Versicherte ausüben könnte, gleichwertig ist. Sofern der Versicherte damit einverstanden ist, ist von ihm eine Erläuterung erforderlich, warum trotz Ausübung dieser Tätigkeit nicht auf diese verwiesen werden kann.

Nicht auf die staatliche Absicherung verlassen

Da es bei Berufsunfähigkeit keine staatliche Absicherung gibt, ist eine private Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente ist keine gleichwertige Absicherung, da hierfür die Hürden wesentlich höher sind. So ist die deutsche Rentenversicherung in vielen Fällen der Ansicht, dass bei Berufsunfähigkeit unter Umständen dennoch eine Tätigkeit ausgeübt werden kann. Ist dies der Fall, besteht kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.

Aus diesem Grund ist es sinnvoll, eine private Versicherung gegen Berufsunfähigkeit abzuschließen. Dabei sollten die Allgemeinen Vertragsbedingungen genau unter die Lupe genommen werden. Optionale Klauseln wie abstrakte Verweisung sollten im Vertrag nicht vorkommen, denn dann kann der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen die Leistung verweigern. Wer sich in Bezug auf die Klauseln unsicher ist, sollte unbedingt einen Experten um Rat fragen.

Wann endet die Berufsunfähigkeit?

Sind Sie berufsunfähig, dann endet dies in der Regel mit dem gesetzlichen Renteneintrittsalter, sofern Sie bis dahin nicht mehr in einen Beruf zurückkehren können. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie offiziell Rentner und erhalten die Altersrente.

Tipp: Während des Bezugs einer privaten Berufsunfähigkeitsrente erfolgt keine Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung. Dadurch sinken mit fortlaufend bestehender Berufsunfähigkeit die Ansprüche in der gesetzlichen Rente. Um eine niedrige Altersrente und damit die staatliche Grundsicherung zu vermeiden, empfiehlt sich zusätzlich eine private Altersvorsorge.