Reise ins Blaue
Jever. Wer Sabrina Schuhmacher in ihrer Blaudruckerei in Jever besucht, betritt eine andere Welt. Denn das Gebäude stammt ebenso wie die Technik selbst aus vergangenen Zeiten. Ursprünglich in Indien erfunden, kam der Blaudruck vor ca. 400 Jahren nach Europa und wurde hier schnell beliebt. Zur Blütezeit gab es unzählige Druckereien – heute sind es in ganz Deutschland nur noch ein knappes Dutzend. Um diese Traditionsarbeit zu bewahren, hat Gründer Georg Stark deshalb in dem Jever Speicher von 1822 vor über 30 Jahren der Kunst des Blaudrucks ein lebendiges Denkmal gesetzt.
2021 konnte die gebürtige Bassumerin Sabrina Schuhmacher die Manufaktur übernehmen. Nicht immer ganz leicht, denn: „eine Anleitung in dem Sinne gibt es nicht, es wird ganz viel nach Gefühl gearbeitet.“ Das macht für die 26-Jährige aber gleichzeitig auch die Begeisterung für dieses Handwerk aus. „Ich lerne täglich mehr dazu und kann mich immer weiter ausprobieren“ erzählt sie. „Dadurch ist jeder Tag spannend!“ Kennengelernt hat sie die Technik als sie für die Abschlussarbeit ihres Modedesign-Studiums besondere Stoffe gesucht hat. Diese fand sie in der Blaudruckerei in Jever – und ist direkt geblieben. „Ich plane fest, die nächsten 30 Jahre hier zu leben und zu arbeiten.“
Kunstvoller Druckprozess
Für den Blaudruck entscheidend sind die sogenannten Model – in diese Druckstöcke sind filigrane Muster geschnitzt. An die 600 aus verschiedenen Epochen besitzt die Werkstatt in Jever „davon habe ich bestimmt gerade erstmal die Hälfte ausprobiert“, lacht Sabrina Schuhmacher.
Der Druckprozess selbst ist aufwendig und erfordert viel Fingerspitzengefühl. Zuerst muss der Papp – eine Harzmischung – angerührt und auf den ausgesuchten Model aufgetragen werden. Um zu wissen wann die richtige Konsistenz erreicht ist, hat sie einen kleinen Trick: „Wenn man den Model eindrückt und es ein tolles Schmatzgeräusch gibt – dann ist es ideal.“ Der Model mit dem Papp wird dann auf den Stoff gedrückt und muss um ganze Stoffbahnen zu füllen jedes Mal genau aneinander platziert werden.
Nachdem der Stoff so bedruckt wurde, muss er nun zwei Wochen trocknen. Erst danach kommt die Indigofarbe zum Tragen. Diese wird in der Küpe angerührt – wie ein richtiger Hexenkessel sieht das dann aus. Der Stoff wird dort in mehreren Durchgängen immer wieder minutenlang eingetaucht – mit jedem Tauchgang intensiviert sich das Blau. Zum Schluss muss das Ganze dann noch per Hand gründlich gewaschen werden, um die Harzschicht zu lösen.
Ein herausfordernder Herstellungsprozess, den die junge Blaudruckerin aber mit viel Hingabe und Leidenschaft ausführt. „Ich freue mich, dass ich dieses jahrhundertalte Wissen am Leben halten und weitergeben kann.“
Zum Tag des Handwerks am 16. September wird die Blaudruckerei von 10 – 14 Uhr einen Tag der offenen Tür veranstalten. Interessierte Besucher können dann einen Blick in Laden und Werkstatt werfen und ihr „Blaues Wunder“ erleben.
Pressemeldung von HwK Oldenburg