Der Boden als Bioreaktor

Studie unter Oldenburger Beteiligung deckt auf, wie sich organische Verbindungen im Bodenwasser verändern

Oldenburg. Wenn Pflanzenreste verrotten, geben sie eine Reihe von organischen Molekülen ab, die sich im Bodenwasser auflösen und mit der Feuchtigkeit ins Erdreich gelangen. In diesen Molekülen ist global mehr Kohlenstoff gespeichert als in allen Wäldern der Erde zusammen.

Bisher ist jedoch nicht bekannt, warum so viel Kohlenstoff in Böden gespeichert wird und wie sich dieser riesige Speicher im Zuge des Klimawandels verhalten wird. Nun hat ein Wissenschaftlerteam unter Beteiligung von Prof. Dr. Thorsten Dittmar vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg das Schicksal dieser Verbindungen aufgeklärt.

Die Forscherinnen und Forscher um Dr. Markus Lange vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena berichten in der Zeitschrift Nature Geoscience, dass die gelösten Moleküle nicht, wie lange angenommen, unverändert im Boden bleiben. Während die Substanzen mit dem Wasser durch den Boden sickern, werden sie vielmehr von Mikroben ab- und umgebaut. Dabei entstehen auch neue, größere Moleküle.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler das Bodenwasser mittels ultra-hochauflösender Massenspektrometrie. Die Untersuchungen fanden in Oldenburg in der Brückengruppe für Marine Geochemie des ICBM und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen statt. Die von Dittmar geleitete Gruppe verfügt über eines der leistungsfähigsten Massenspektrometer der Welt. Es ist in der Lage, die Masse einzelner Moleküle in komplexen Mischungen außergewöhnlich genau zu messen.

„Mit dieser hochsensiblen Technik können wir erstmals bis zu zehntausend verschiedene Moleküle in einer Wasserprobe erfassen; zusätzlich können wir bestimmen, aus welchen Atomen die verschiedenen Moleküle bestehen“, erklärt Dr. Vanessa-Nina Roth, ehemalige Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und Erstautorin der Studie.

Bisher kam das Oldenburger Gerät hauptsächlich in der Meeresforschung zum Einsatz. Dittmar und sein Team erforschen damit gelöstes organisches Material im Meerwasser, das ähnlich wie das jetzt untersuchte Stoffgemisch im Bodenwasser als schwer abbaubar gilt. „Das Meer und die Böden gehören zu den größten Kohlenstoffspeichern an der Oberfläche unseres Planeten. Damit spielen sie eine entscheidende Rolle für unser Klima, weil sie das Treibhausgas Kohlendioxid in großen Mengen aufnehmen und abgeben können“, erläutert Dittmar. Es sei eine spannende Herausforderung gewesen, für die Studie die Böden an Land mit dem Blick eines Meeresforschers zu untersuchen. „Dabei hat sich herausgestellt, dass die molekularen Abläufe in Böden und im Meer gar nicht so unterschiedlich sind“, berichtet der Forscher.

Das Bodenwasser verbindet die Biosphäre auf der Landoberfläche mit Boden und Grundwasser. Wie das Forscherteam schreibt, gibt die Zusammensetzung der organischen Moleküle nicht nur Aufschluss über biologische und chemische Vorgänge im Boden. Vielmehr könnte es die Methode auch erlauben, Umweltveränderungen oder Vorgänge in Ökosystemen besser zu verstehen.

Originalartikel: Vanessa-Nina Roth, Markus Lange, Carsten Simon, Norbert Hertkorn, Sebastian Bucher, Timothy Goodall, Robert I. Griffiths, Perla G. Mellado-Vázquez, Liesje Mommer, Natalie J. Oram, Alexandra Weigelt, Thorsten Dittmar, Gerd Gleixner: „Persistence of dissolved organic matter explained by molecular changes during its passage through soil“, Nature Geoscience

 

Quelle: Pressemeldung Carl von Ossietzky Universität Oldenburg