EU-Lieferkettengesetz stellt Unternehmen vor Herausforderungen IHK-Mittagsgespräch mit MdEP Tiemo Wölken

EU-Lieferkettengesetz stellt Unternehmen vor Herausforderungen IHK-Mittagsgespräch mit MdEP Tiemo Wölken
Diskutierten im Rahmen des IHK-Mittagsgespräch über Nachhaltigkeit und das Lieferkettengesetz (v.l.): IHK-Vizepräsident Heinrich Koch, IHK-Beraterin Nachhaltigkeit/CSR Susann Mädler und MdEP Tiemo Wölken (Fotografin: Aileen Rogge)

EU-Lieferkettengesetz stellt Unternehmen vor Herausforderungen IHK-Mittagsgespräch mit MdEP Tiemo Wölken

„Das europäische Lieferkettengesetz wird deutsche Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellen“, sagte IHK-Vizepräsident Heinrich Koch in seiner Begrüßung zum IHK-Mittagsgespräch mit dem EU-Parlamentsabgeordneten Tiemo Wölken (SPD). Es wird das deutsche Lieferkettengesetz in vielen Anwendungsbereichen übertreffen – zum Beispiel bei der zivilrechtlichen Haftung, den zu beachtenden Risiken und der Zahl der betroffenen Unternehmen.

In Deutschland ist Anfang dieses Jahres das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft getreten. Zudem wird auf EU-Ebene aktuell ein Lieferkettengesetz vorbereitet, an das dann das deutsche Gesetz angepasst werden muss. Wölken verhandelt als Abgeordneter im EU-Parlament mit, wie ambitioniert das Gesetz letztendlich wird. Er betonte, dass noch nichts in Stein gemeißelt ist: „Ich möchte auch den Input aus der Unternehmerschaft für die kommenden Verhandlungen nutzen.“

Die Richtlinie soll nach Auffassung des EU-Parlaments im Regelfall für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro ab 2028 gelten. Auch wenn KMUs nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen, zeigen die Ergebnisse einer IHK-Umfrage zum deutschen Lieferkettengesetz eine erhebliche Mehrbelastung. Vor allem der erhöhte bürokratische Aufwand in Kombination mit hohen Kosten, fehlende Kontrollmechanismen und widersprüchliche Anforderungen durch nationale und internationale Standards bereiten Sorgen, so Koch.

Die Wirtschaft hatte Vollharmonisierung in der EU gefordert. Das hätte bedeutet, dass in allen Ländern gleiche Wettbewerbsmöglichkeiten gewährleistet sind. Dies fand jedoch unter anderem aus rechtlichen Gründen im EU-Parlament keine Mehrheit. Allerdings fordert das Parlament eine Klausel, die die Kommission und Mitgliedstaaten zur einheitlichen Umsetzung im Rahmen der Richtlinie in ihren Rechtssystemen verpflichtet.

Als schärfstes Schwert der Richtlinie sieht Wölken die umstrittene zivilrechtliche Haftung: „Diese kann greifen, wenn das Unternehmen Schäden verursacht oder zu ihnen beigetragen hat.“ Gerichte sollen die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anordnen können. Allerdings könne die Haftung vermieden werden, wenn das Unternehmen darlegen kann, dass es sich um die Einhaltung des EU-Lieferkettengesetzes bemüht hat.

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Wölken und Koch waren sich einig, dass das EU-Lieferkettengesetz nicht zum Stolperstein der Wirtschaft werden darf. Dazu meinte Wölken: „Brancheninitiativen, die einheitliche Sorgfaltsstandards in der Lieferkette überprüfen, sehe ich persönlich als vernünftigen Weg“. In der anschließenden Diskussion wurde allerdings auch deutlich, dass sich die Unternehmen mehr Praxistauglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit wünschen. Konkret sei – so die einhellige Meinung – die lückenlose Überprüfung aller Zulieferbetriebe entlang der gesamten Lieferkette für einen durchschnittlichen Mittelständler im Unternehmensalltag nicht zu realisieren und unzumutbar. Der dadurch erzeigte bürokratische Aufwand belaste die Betriebe unverhältnismäßig. Koch leitete daraus die Erwartung an die Politik ab: „Anstatt Mehrbelastungen ist angesichts der zahlreichen aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen ein Abbau an Bürokratie dringend notwendig.“ Wölken führt aus: „Aus diesem Grund betont die Parlamentsposition im Rahmen aller Sorgfaltspflichten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu jeder Zeit gilt und somit Überforderungen auf Seiten der Unternehmen verhindert.“

Um die Unternehmen bei künftigen Nachhaltigkeitsberichtspflichten, wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zu unterstützen, gibt es seit April 2023 eine neue Beraterin für Nachhaltigkeit/CSR. Susann Mädler berät zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Unternehmensaktivitäten und betreut das neue IHK-Netzwerk Nachhaltigkeit für Unternehmen.

Pressemeldung von  Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim