„Klimaziele mit bisherigen Maßnahmen nicht erreichbar“
„Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung lassen sich die gesteckten Klimaziele Deutschlands für das Jahr 2030 nicht erreichen. Durch die Finanzierungsprobleme des Bundeshaushalts dürfte sich die Lücke zwischen Zielen und Realität vergrößern“, erklärte Dr. Barbara Schlomann vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe und Mitglied im Expertenrat für Klimafragen. Sie war zum vierten IHK-Mittagsgespräch des Jahres zum Thema „Nachhaltigkeit“ in Osnabrück angereist, um mit regionalen Unternehmern über die aktuelle Energie- und Klimapolitik in Deutschland und der EU zu diskutieren.
„Nachhaltiger Klimaschutz braucht zu seiner breiten gesellschaftlichen Akzeptanz eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf. Statt der zuvor angekündigten finanziellen Entlastung bedeute die aktuelle Einigung innerhalb der Bundesregierung für den Bundeshaushalt 2024 für die Betriebe allein im Jahr 2024 Mehrkosten für Strom von bis zu 20 Prozent. „Die Bundesregierung muss die bevorstehenden Einzelberatungen jetzt dringend dazu nutzen, um hier nachzubessern. Der aktuelle Kompromiss fördert weder die Konjunktur noch den Klimaschutz“, kritisierte Graf.
Die Klimaexpertin Dr. Barbara Schlomann zeigte sich mit dem Kompromiss zum Bundeshaushalt 2024 ebenfalls unzufrieden: „Hohe Strompreise gehören zu den größten Hemmnissen für den Klimaschutz“, so Schlomann. Dem wollte die Bundesregierung unter anderem mit dem angekündigten Netzentgeltzuschuss entgegenwirken. Es sei deshalb sehr bedauerlich, dass dies nun offenbar an der Finanzierung scheitere. Die Erreichung der Klimaziele würde dadurch erschwert. Auf lange Sicht sei ein möglichst hoher Anteil an Erneuerbaren Energien die günstigste Lösung, um Strom zu produzieren und damit die beste Chance für dauerhaft niedrigere Preise. Auch für andere der eher mittelfristig wirkenden Maßnahmen sei die Finanzierung bisher nicht gesichert.
Die Forscher des Fraunhofer ISI hatten verschiedene Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland berechnet. Entscheidend für die politisch beschlossene Treibhausgasminderung und die Erreichung der Klimaziele seien der Stromnetzausbau bzw. die weitgehende Elektrifizierung der Prozesse sowie die Verbesserung der Energieeffizienz. Dies sei auch in der Abschlusserklärung des Weltklimagipfels in Doha betont worden.
Bereits im August hatte der nationale Expertenrat für Klimafragen eine Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm 2023 der Bundesregierung veröffentlicht. Das insgesamt 130 Maßnahmen umfassende Klimaschutzprogramm sollte maßgeblich dazu beitragen, die Reduzierungsziele des Klimaschutzgesetzes zu erreichen. Ohne diese Instrumente bleibe das Gesetz hinter dem gesetzlichen Anspruch zurück. „Wir nähern uns den Klimaschutzzielen stärker an, sind aber noch ziemlich weit von ihnen entfernt“, so Dr. Schlomann. Sie betonte: „Betrachtet man die einzelnen Sektoren, so erreicht bislang nur die Energiewirtschaft das gesetzte Einsparziel. Trotz einiger guter Ansätze fehlen ein zusammenhängendes, in sich schlüssiges Gesamtkonzept und ein übergreifender Maßnahmenrahmen.“
Mit dem Jahresthema 2023 #GemeinsamNachhaltigWirtschaften widmet sich die IHK in diesem Jahr der Transformation der Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen Zukunft. In den Mittagsgesprächen wurden dabei vier unterschiedliche Facetten der „Nachhaltigkeit“ diskutiert. IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf kündigte an, dass Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren weiter ein wichtiges IHK-Thema bleiben werde.
Pressemeldung von Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim