„EU ist bester Teil der Welt“: IHK-Mittagsgespräch

Diskutierten beim IHK-Mittagsgespräch über Herausforderungen für die EU: Dr. Hans-Gert Pöttering, der ehemalige Präsident des EU-Parlaments (Mitte) mit IHK-Präsident Uwe Goebel (rechts) und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf (links).
Diskutierten beim IHK-Mittagsgespräch über Herausforderungen für die EU: Dr. Hans-Gert Pöttering, der ehemalige Präsident des EU-Parlaments (Mitte) mit IHK-Präsident Uwe Goebel (rechts) und IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf (links).

IHK-Mittagsgespräch mit EU-Parlamentspräsident a. D. Dr. Hans-Gert Pöttering

„Wir sind uns einig, dass nicht nur bei der Wahl zum Europäischen Parlament, sondern auch jetzt im Nachgang einiges auf dem Spiel steht.“ Mit diesem Ausblick eröffnete IHK-Präsident Uwe Goebel das IHK-Mittagsgespräch in Osnabrück mit Dr. Hans-Gert Pöttering, dem ehemaligen Präsidenten des EU-Parlaments. Goebel wies darauf hin, „dass wir der Europäischen Union jahrzehntelangen Frieden verdanken“.

Gleichzeitig seien politische Prozesse in der EU aus Sicht der Wirtschaft nicht immer ausreichend transparent. Das gelte etwa für die Entstehung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder die jüngst geführte Diskussion um das Urheberrecht.

Pöttering plädierte dafür, dass politische Diskussionen über europäische Themen insbesondere in den Mitgliedsstaaten intensiv geführt werden müssten. „Und im Anschluss sollten die Mitgliedsstaaten zu den Beschlüssen, an denen sie mitgewirkt haben, auch stehen und sie den Menschen und Betrieben erklären“, so der Parlamentspräsident a. D..

„Eine der Hauptaufgaben der EU ist, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten“, so Pöttering, der dem EU-Parlament von 1979 bis 2014 ununterbrochen angehörte. Der in der Lissabon-Strategie formulierte Anspruch, nach der die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt werden sollte, gelte weiter. Wirtschaftliche Ziele müssten dabei mit sozialen und ökologischen Aspekten in Einklang gebracht werden.

„Es ist leider kaum bekannt, dass die EU klimapolitisch ein Vorreiter war und ist“, meinte Pöttering, der bereits 2009 im Rahmen der zweiten Runde des Kyoto-Protokolls die Verpflichtung zur CO2-Reduktion um 20 % bis 2020 mitbeschlossen hatte.

„Der Brexit ist sicher die traurigste politische Entwicklung, die ich miterlebt habe“, meinte Pöttering. Dennoch bleibe die EU ein Erfolgsmodell. „Die EU ist nicht das Paradies auf Erden, aber mit Blick auf viele andere Länder der beste Teil der Welt“, so Pöttering. Er hoffe insofern noch auf einen geregelten Brexit, wenn dieser sich schon nicht ganz verhindern lasse. Eine Einmischung außereuropäischer Staaten in diese innereuropäische Diskussion verbat sich der ehemalige EU-Parlamentspräsident dabei.

Goebel und Pöttering würdigten beide die hohe Wahlbeteiligung: „Ein Anstieg der Wahlbeteiligung allein in Deutschland von 48 % im Jahr 2014 auf diesmal 61 % ist ein gutes Signal.“ Sehr erfreulich sei auch, dass die Wahlbeteiligung in nahezu allen Mitgliedsstaaten gestiegen sei.

In der Diskussion wurde deutlich, dass sich viele regionale Betriebe möglichst einfache Regeln wünschen. „Manches geht hier in die falsche Richtung“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf und wies auf die so genannte A1-Bescheinigung hin. Diese diene formal als Nachweis dafür, dass entsandte Arbeitnehmer den Sozialversicherungsvorschriften im Herkunftsland unterliegen. Sie finde in der Praxis schon dann Anwendung, wenn der Firmenwagen jenseits der Grenze nur kurz aufgetankt werde. „Solche bürokratischen Meldepflichten laufen der Idee des EU-Binnenmarktes zuwider“, so Graf.

 

Hintergrund:

Das Mittagsgespräch mit Dr. Hans-Gert Pöttering ist das dritte und letzte IHK-Mittagsgespräch zur zurückliegenden Europawahl. Am 24. April trug Jens Gieseke aus Sicht der CDU vor, am 13. Mai folgte mit Tiemo Wölken der Kandidat der SPD. Die IHK-Organisation hat ihre Europapolitischen Positionen anlässlich der Wahl aktualisiert.

 

Quelle: Pressemeldung Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim