Insolvenzwelle durch Corona Krise in Weser-Ems: Welche Wege gibt es die Insolvenz zu „überstehen“?

Insolvenzwelle durch Corona Krise in Weser-Ems: Welche Wege gibt es die Insolvenz zu „überstehen“?

Meistens sind es insolvente Kunden, geplatzte Auslandsgeschäfte oder geänderte politische Entwicklungen im Land des Geschäftspartners, die die Unternehmen in die Insolvenz oder Insolvenz in Eigenverwaltung treiben. Es gab Unternehmen in Norddeutschland, die schon vor Corona angeschlagen waren, wie zum Beispiel Karstadt.

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt von den Linken kommt mit ihrem Hilfspaket für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten gerade richtig. Gerade kleine Unternehmen können ohne Hilfe nicht lange überleben. Die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung sind zwar auf den Weg gebracht, aber noch nicht angelaufen.

Natürlich sind die Gastronomie (Maredo, Vapiano) und der Tourismus ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Es geht fast ausschließlich um jene Branchen, die vom direkten Kundenkontakt und dem grenzüberschreitenden Verkehr leben. Die meisten Unternehmen besitzen keinen Puffer für Notfälle. Gesetzesentwürfe zur Abminderung der Corona-Folgen können die Branche retten.

Laut Experten sollen nur jene Unternehmen Förderungen von der Regierung erhalten, die nachweislich durch die Corona Krise in finanzielle Probleme geraten sind. Das heißt, nicht alle werden Kredite bekommen. Es wird sicher noch mehr Insolvenzen in Norddeutschland geben.

 

Welche Branchen trifft es am schwersten in Norddeutschland?

KMUs sind am häufigsten betroffen. Die Kulturszene in Norddeutschland lebt von Massenveranstaltungen und Veranstaltungen mit mindestens 100 Leuten. Somit sind Insolvenz sowie Insolvenz in Eigenverwaltung Thema.

Das Schutzschirmverfahren kann von den meisten KMUs mangels an Voraussetzungen nicht in Anspruch genommen werden. Viele Kulturbegeisterte haben bereits Tickets gekauft. Klaus Peter Schulenberg, der Chef von Eventim, einem der größten Veranstalter in Norddeutschland, ist für eine strukturierte Ticketerstattung.

Es trifft vor allem die kleinen und mittelgroßen Veranstalter, die bereits für Veranstaltungen in Vorleistung gehen mussten (Arbeiter, Beleuchter, Zulieferer, etc.). Die Ticketerstattung (teilweise oder in Etappen) für Veranstaltungen, die abgesagt werden mussten, könnte die Branche retten. Großveranstalter wie Eventim mit 55.000 Absagen, sind weniger betroffen, weil sie finanziell besser aufgestellt sind.

KMUs im Kulturbereich sind auf jeden einzelnen Besucher angewiesen. Wenn die organisierte Rückerstattung nicht bald kommt, werden viele Veranstalter zusperren müssen.

 

Kann ein Schutzschirmverfahren helfen?

Ein Schutzschirmverfahren ist eine spezielle Art der Insolvenz in Eigenverwaltung. Voraussetzung dafür ist ein Insolvenzplan sowie die frühzeitige Antragstellung samt einer gut fundierten Begründung. Hauptvoraussetzungen sind, dass das Unternehmen noch liquide ist und Aussichten auf eine Sanierung bestehen.

Der wesentliche Unterschied zu einem regulären Insolvenzverfahren besteht in der freien Wahl des Sachwalters durch das Unternehmen selbst. Das Gericht kann diesen nur mangels Eignung, fehlender Erfahrung oder nicht gegebener Unabhängigkeit ablehnen.

Am Ende des Schutzschirmverfahrens muss der Insolvenzplan fristgerecht vorgelegt werden. Eine andere Möglichkeit ist die Beendigung bzw. Aufhebung des Schutzschirmverfahrens. Das Insolvenzgericht hat letztendlich die Entscheidungsgewalt über beide Möglichkeiten.

 

Voraussetzungen:

§ 270b Abs.1 Insolvenzordnung besagt, dass neben dem Schutzschirmantrag folgende Kriterien zusätzlich gegeben sein müssen:

Die Insolvenzgründe müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung gegeben sein. Die Liquidität muss noch gegeben sein.

Das Unternehmen hat Eigenverwaltung beantragt.

Die Sanierung darf nicht im Vorhinein schon aussichtslos sein.

Der Antrag muss die Bescheinigung eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwaltes, der in Insolvenzangelegenheiten erfahren ist, versehen sein. Diese muss belegen, dass das Unternehmen in Schwierigkeiten ist, aber noch zahlungsfähig ist.

Die größte Hürde dabei ist, dass das Unternehmen noch liquide sein muss. Deshalb stellen viele Unternehmen den Antrag auf vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a Insolvenzordnung).

 

Wie sieht das Prozedere konkret aus?

Sind die Voraussetzungen gegeben, hat das Unternehmen drei Monate Zeit, einen Insolvenzplan zu erstellen. In dieser Zeit wird das Unternehmen von einem vom Gericht vorläufig beauftragten Sachwalter geführt. Darüber hinaus ordnet das Gericht die vorübergehende Eigenverwaltung an.

 

Das Schutzschirmverfahren bietet viele Vorteile:

  • Das Unternehmen kann selbst das Unternehmen weiterführen und einen vorläufigen Sachwalter vorschlagen.
  • Auf Antrag muss das Insolvenzgericht anordnen, dass der Unternehmer berechtigt ist, Masseverbindlichkeiten zu begründen (§ 270b Abs. 3 Insolvenzordnung).
  • Der Unternehmer kann beantragen, dass das Insolvenzgericht einen Vollstreckungsstopp anordnet (§ 270b Abs. 2 Insolvenzordnung).

Das Schutzschirmverfahren ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung mit den höchsten Hürden. Dieses Verfahren bietet aber größtmögliche Bewegungsfreiheit für den insolventen Unternehmer. Der Schutz gegenüber den Gläubigern ist ebenfalls bedeutend besser als bei der Insolvenz in Eigenverantwortung. Die größte Hürde stellt die Zahlungsfähigkeit dar. Beispiele für erfolgreiche Schutzschirmverfahren waren der Modekonzern Hallhuber und einige Töchter der Modekette Esprit.

Das Verfahren dauert ca. 10 Monate. Danach ist der insolvente Unternehmer entschuldet. Die Kosten für das Verfahren werden durch das Insolvenzgeld gedeckt. Die Bescheinigung, dass das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist, aber darauf zusteuert, stellen Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater aus.

 

Es ist höchste Zeit, dass Fördergelder vom Bund fließen und Hilfsmaßnahmen endlich anlaufen. Darüber hinaus sollten Hilfsmaßnahmen, wie die strukturierte Ticketerstattung vom Bund rascher auf den Weg gebracht werden! Vor allem KMUs hätten sie gestern und nicht morgen gebraucht! Handeln statt endloses Diskutieren ist angesagt!

Für all jene, die auf die Insolvenz zusteuern, aber noch liquide sind, ist das Schutzschirmverfahren optimal. Alle anderen Unternehmer, die nicht wegen Corona in Schwierigkeiten geraten sind, bleibt nur die Insolvenz in Eigenverwaltung. Sind die Schwierigkeiten noch nicht so groß, helfen Fördermaßnahmen, wie zum Beispiel die Ticketerstattung.

Corona hat vor allem gezeigt, dass es überlebenswichtig ist, wieder mehr in Deutschland selbst zu produzieren sowie dafür zu sorgen, dass die Grundstrukturen sowie – versorgung jederzeit gegeben ist. Insolvenz und Insolvenz in Eigenverwaltung sowie Schutzschirmverfahren werden dann weitaus weniger notwendig sein. Der beste Schutz ist noch immer Prävention!